Woran entscheidet sich eigentlich Weihnachten? Unterschiedliche Menschen würden hier unterschied­liche Antworten geben. Manche würden sagen, Weihnachten entscheidet sich daran, ob die Fa­milie, die seit Langem wieder mal zusammengepfercht wird, ein harmonisches Miteinander über mehrere Tage hinbekommt. Manche würden sagen, Weihnachten entscheidet sich für mich an der Anzahl der Geschenke – oder frei nach MediaMarkt: Weih­nachten entscheidet sich un­term Baum. Man­che würden auch sagen, Weihnachten entschei­det sich für mich gar nicht, es rauscht wie immer an mir vorbei.

Für Christen entscheidet sich Weihnachten ja bekannterweise nun nicht am Harmonieverhalten der Familie oder an der Masse vieler großer Geschenkpakete, sondern anscheinend an dem, was vor vie­len vielen Jahren in einem kleinen Stahl in Bethlehem passiert ist. Christen glauben ja allen Ernstes, dass in einem wenig luxuriösen Stahl, in einer Krippe, Gott selbst zur Welt gekommen ist – in Jesus. Ein Gott, der doch irgendwie wenig göttlich daherkommt: Gott, ein Kind, das in die Windeln macht und Vieles lernen muss, Gott ein Mensch, der Hunger und Durst kennt, der schlafen muss, Gott, der weiß, wie sich Zahnschmerzen an­fühlen, Gott, der um einen guten Freund trauert, der Enttäu­schung durch­lebt, der verra­ten wer­den kann. Gott, der von den Mächtigen ans Kreuz geschlagen wird.

Nun, wenn ich mir Gott erfinden würde, dann würde er wohl ganz anders daherkommen. Dann würde er viel mehr her­machen: Mächtig sollte er sein, die Vergrö­ßerung aller Mächtigkeiten ins Unermessli­che. In der Höhe sollte er thro­nen, ganz weit oben. Und er sollte alles wissen und er soll außer­halb von Zeit und Raum sein. Wenn wir uns aber den Gott anschaue, den uns das christliche Weih­nachtsfest vor Au­gen malt, dann passt das irgend­wie nicht, dann klingt das eher wie ein schönes Mär­chen.

„Warum glauben Christen aber dann so etwas Unglaubliches?“, fragen nun manche vollkommen zu Recht. „Es ist ja schon ab­surd genug“, sagen sie, „dass Jesus selbst Gott sein soll, aber dass Jesus auch noch von einer Jungfrau geboren sein soll, das schlägt doch dem Fass den Boden aus. Brauchen wir noch mehr Beweise, um den Christen einen absolut blinden Glauben zu bescheinigen?“ Ich finde: Diese Sorge ist berechtigt. Und auch wenn Christen gute Gründe haben, auch wei­terhin für kritische und skeptische Gedanken offen zu blei­ben, klärt das ja immer noch nicht die Frage, warum Christen solche unfassba­re Erzählungen ernst nehmen können.

Ich stelle da nun einmal folgende These auf: Chris­ten glauben in erster Li­nie auch gar nicht an die Jungfrauengeburt. Die gehört zum christli­chen Glauben na­türlich zwei­felsfrei dazu, aber sie ist keinesfalls sein Kern – und wenn man mit Gott und Glauben we­nig am Hut hat, stellt sich die Frage völlig zu Recht: Welche Gründe sollte es dafür geben anzunehmen, dass eine Frau in der da­maligen Zeit ohne Geschlechtsverkehr schwanger geworden ist? Nein, Gott sei Dank entschei­det sich der christliche Glaube nicht an der Jungfrauengeburt Jesu – wenn er das tun würde, würde ich für solch einen Glauben kaum Werbung machen wollen.

Aber so ganz falsch ist es ja nicht: Der christliche Glaube entscheidet sich natürlich an Jesus. Aber der hat ja eben noch viel mehr getan, als lediglich geboren zu werden. Was lesen wir noch? Zum Beispiel die außer­christliche Quellen des bedeuten­den römischen Historikers und Senators Publius Cornelius Taci­tus, der von 58 n. Chr. bis um 120 lebte, der von Jesus als einem jüdischen Verbrecher berichtet, der letztend­lich durch den römischen Statthalter Pontius Pilatus am Kreuz hingerichtet wurde und der dort am Kreuz starb. Und Chris­ten haben nun ein begründetes Vertrauen darauf, dass Jesus nicht nur gekreuzigt wurde und starb, sondern nach drei Tagen auch wieder von den Toten auferstanden ist.

Und genau hier finden wir den Grund, warum Christen so etwas Unglaublichem wie der Jungfrauenge­burt Glauben schenken – warum wir glauben, dass da in Jesus wirklich Gott selbst zur Welt kam: Wegen der Auferstehung Jesu. Denn genau das ist der Grund des christlichen Glaubens, meiner Hoff­nung als Christ. Denn wir Christen sehen die Aufer­stehung Jesu als die zen­trale Bestäti­gung des An­spruchs Jesu an, dass er selbst Gott ist. Und es gibt ja durchaus gute Gründe, so etwas wie die Aufer­stehung histo­risch ernst zu nehmen.

Und es mag Sie vielleicht überraschen: Bereits in den 1980er Jahren konstatierte Jacob Kremer, einer der wichtigsten Bibelwissenschaftler des 20. Jhd., dass die große Mehrheit historischer Forschung, deren Fokus auf dem Neuen Testament liegt, die zentralen Fakten rund um die Auferstehung als historisch glaubwürdig betrachtet. (vgl. Kremer, J., 1980, Auferstanden von den Toten). Gary Habermas, einer der führenden neutestamentlichen Forscher, gibt hierzu genauere Zahlen: Im Jahr 2004 untersuchte er über  2.000 Aufsätze und Bücher der einschlägigen historischen Auferstehungsliteratur, die zwischen 1975 und 2000 verfasst wurde: Über 75% alle Texte akzeptierten die Historizität der zentralen Fakten rund um die Auferstehung. (vgl. Habermas, G., 2004, The Case for the Resurrection of Jesus). Michael Licona, Professor für Neues Testament, unterstreicht dies in seinem 2010 erschienen historiographischen Werk über die Auferstehung Jesu (vgl. Licona, M., 2010, The Resurrection of Jesus: A New Historiographical Approach).

Bitte verstehen Sie mich nun nicht falsch: Wir reden hier keinesfalls von der Mehrheit aller gläubigen Neutestament-Forscher. Nein, ich meine hier in der Tat den breiten Mainstream der gesamten historischen NT-Forschung, die gläubigen sowie die nicht-gläubigen Wissenschaftler. Die meisten neutestamentlichen Forscher, ob gläubig oder nicht, bestätigen die Historizität und Glaubwürdigkeit der zentralen Fakten rund um die Auferstehung Jesu. Wer also sagt, dass es sich bei den Textsammlungen der Lebensbeschreibungen Jesu um mystenhafte Legenden oder dergleichen handelt, geht nicht konform mit der Mehrheitsmeinung gegenwärtiger Geschichtsforschung.

Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen im Folgenden einmal drei dieser Fakten vorstellen – drei Fakten, die von der Mehrheit aller neutestamentlichen Forscher als anerkannt und glaubwürdig gelten und die schwer erklärbar sind, wenn man davon ausgeht, dass die Auferstehung nicht stattgefunden hat.

Fakt 1: Die Jünger verkündeten den gekreuzigten Jesus als Gott selbst

Das ist ein Fakt, den heutzutage niemand mehr ernsthaft anzweifelt. Es war einfach so: Die ersten Jünger haben den gekreuzigten Jesus als Gott selbst verkündet und verehrt. Aber genau dieser Fakt zieht zahlreiche Probleme mit sich, nur einmal drei davon:

Problem 1: Für Juden waren Gekreuzigte Gottverfluchte

In der Thora, der autoritativen und heiligen Urkunde für jeden Juden (also auch für die Jünger), heißt es: „Denn von Gott verflucht ist derjenige, der ans Holz gehängt wurde, und du sollst dein Land nicht verunreinigen, das der Herr, dein Gott, dir zum Erbe gibt.“ (Deuteronomium 21, 23). Eine harte Aussage, aber für gläubige Juden der damaligen Zeit, die der Thora allerhöchste Autorität zu sprachen, war dies Gottes Wort – sprich: nicht diskutierbar.

Für Juden war Jesus also nicht bloß ein Gekreuzigter, sondern jemand, der durch seine Kreuzigung autoritativ von Gott selbst verflucht wurde. Sein Tod war nach jüdischem Denken nicht nur ein Unfall, sondern wurde vor dem Hintergrund der heiligen Thora von jedem Juden als ein Verdammungsurteil über Jesus verstanden. Er, der von sich behauptet hatte, selbst Gott zu sein, wurde nun durch seinen Kreuzestod entlarvt – sein Tod am Kreuz machte ihn in den Augen aller Juden zum Gottverfluchten – mehr kann der angebliche Messias nicht scheitern, der im jüdischen Denken ja eigentlich die Feinde Israels besiegen sollte.

Wir fragen also:

Wie kamen die Jünger überhaupt darauf, dass jemand der Messias ist, der wegen seiner Todesart doch ein von Gott persönlich Verfluchter war?

Und selbst, wenn sie das für Juden Undenkbare wirklich dachten:

Wie konnten ein paar theologisch ungeschulte Juden so viele ihrer Zeitgenossen dazu bringen, dass „heilige Thora-Urteil“ über Jesus als falsch anzusehen?


Problem 2: Eine „Einzel-Auferstehung“ war für Juden undenkbar

Für Juden war die leibliche Auferstehung eines Einzelnen undenkbar. Juden zur Zeit Jesu glaubten, dass es zu einer leiblichen Auferstehung aller Gerechten am Ende aller Tage kommen würde. Aber: Dass mitten in der Menschheitsgeschichte, während also die Welt unter der Last von Krankheit, Leiden und Tod leidet, ein einzelner Mensch aufersteht – das war aus jüdischer Sicht ein Ding der Unmöglichkeit.

Viele Skeptiker haben die Erscheinungen des auferstandenen Jesus vor seinen Jüngern als Halluzinationen zu erklären versucht. Der Gedanke: Die Jünger haben sich bloß eingebildet, dass Jesus plötzlich wieder da war und mit ihnen sprach. Doch diese These geht ja davon aus, dass die Jünger sich einen auferstandenen Jesus eben gut vorstellen konnten. Aber eine leibliche Auferstehung eines Einzelnen mitten im Verlauf der Weltgeschichte war im jüdischen Weltbild wie gesagt einfach unvorstellbar. So ein Gedanke knüpfte an nichts im jüdischen Glauben an – im Gegenteil sogar.

Wir fragen also:

Wie kamen die Jünger überhaupt darauf, die leibliche Auferstehung eines Einzelnen inmitten der Weltgeschichte zu verkünden, wobei so etwas im jüdischen Denken undenkbar war?

Und auch, wenn die Jünger von dem für Juden absolut Ausgeschlossene ausgingen:

Wie konnten ein paar einfache Juden so viele ihrer Zeitgenossen davon überzeugen, dass es doch eine „Einzel-Auferstehung“ inmitten der Weltgeschichte gegeben hat?


Problem 3: Juden glaubten, dass die Strafe Gottes für Blasphemie die Hölle war

Wenn Juden eines sicher kannten, dann die ‚Zehn Gebote‘ – und hiervon besagt kein geringeres als das erste Gebot: „Du sollst keinen anderen Götter neben mir haben.“ Einen Menschen als Gott zu verehren und sogar auch noch zu verkündigen war schlicht und ergreifend Gotteslästerung. Man wusste: Nichts zog Gottes Zorn mehr auf sich als Blasphemie. Die Strafe hierfür war damit klar: die Hölle. Die Jünger wussten also: Wenn es eine Lüge wäre, dass Jesus selbst Gott ist, würden sie wegen ihrer Blasphemie in der Hölle landen.

Wir fragen also:

Wenn Jesus gar nicht auferstanden war, die Jünger das wussten, Jesus aber trotzdem als Gott verehrten und verkündigten, wussten sie, dass sie wegen dieser krassen Gotteslästerung unweigerlich Gottes heiligen Zorn auf sich ziehen und nach dem Tod in die Hölle kommen werden. Warum sollten sie das tun?

Und wir fragen weiter:

Warum fingen Juden, die zuvor wenig bis gar nichts mit Jesus zu tun hatten, plötzlich an, diesen als Gott zu verehren und zu verkünden – und auch sie wussten ja sowohl, dass es Blasphemie ist, einen Menschen als Gott zu verehren, als auch dass sie deswegen in der Hölle landen werden.


Fakt 2: Das bewachte Grab war leer, das bestritten selbst die Gegner Jesu nicht. 

Dass das von römischen Soldaten bewachte Grab wenige Tage nach der Grablegung leer war, das bestritten selbst die schärfsten Gegner Jesu nicht. Die Frage lautet also: „Was ist mit dem Leichnam passiert?“ Wie gesagt, eine vom römischen Militär bewachte Grabkammer lässt sich nicht mal einfach so plündern. Vielleicht haben Sie hier ja das Bild von ein oder zwei Männern mit Speeren und Miniröcken im Kopf – aber das wird der damaligen römischen Legion keinesfalls gerecht. Eine römische Wacheinheit war eine Sicherheitstruppe von vier bis sechszehn Mann, jeder bestens ausgebildet. Alle vier Stunden wurde eine neue Vierereinheit geweckt und diejenigen, die bislang gewacht hatten, legten sich schlafen. Wir sehen: Wir dürfen die Bewachung des Grabes Jesu durch einen Teil des römischen Heeres keinesfalls unterschätzen.

Wer kam also an den Wachen vorbei? Die Jünger vielleicht? Wie konnten Sie das zum einen anstellen und zum anderen: Falls sie es irgendwie angestellt haben, warum sollten sie das wie gesagt tun? Um ihre Lebenszeit mit einer selbst erfundenen Lüge zu vertun, die sie schlussendlich in die Hölle bringt? Wer kommt noch in Frage? Vielleicht die Gegner Jesu, sprich die Römer selbst oder die religiöse jüdische Elite? Auch hier wieder: Warum? Um sich einen unerwünschten Auferstehungskult einzuhandeln? Und selbst wenn dem so gewesen wäre, bleibt zu fragen, warum die Gegner Jesu seinen Leichnam nicht einfach hervorholten, als sie hörten, dass die Jünger die Situation für sich ausnützen wollten.


Fakt 3: Frauen als erste Zeugen des leeren Grabes

Dieser Fakt ist zwar aus heutiger Sicht nicht be­sonders beeindruckend, für die dama­lige Zeit aber schon. Warum? Weil in der Antike das Zeugnis einer Frau vor Gericht null und nichtig war. Für Juden der damaligen Zeit war die vom jüdischen Historiker Flavius Josephus (38 bis 100 n. Chr.) überlieferte Norm absolut klar:

Das Zeugnis der Frau ist nicht rechtsgültig wegen der Leichtfertigkeit und Dreistigkeit des weiblichen Geschlechts” (Ant. 4,8,15).

Vor diesem Hintergrund muss man sich einmal vorstellen, unter welchem Druck die ersten Autoren der christlichen Botschaft gestanden haben müssen, Frauen als erstes Zeugnis der Auferstehung zu streichen. Aber die Autoren strichen diese Passagen nicht, änderten sie auch nicht um. Warum nicht, obwohl sie doch ganz genau wussten, dass das ihre Bericht über die Auferstehung un­glaubwürdiger wer­den ließ. Hätte man sich damals einen Be­richt ausdenken wollen, der mög­lichst glaub­haft von der Auferstehung er­zählt, hätte man eben kei­ne Frauen dar­in vorkom­men lassen, dazu hätte keinerlei Not bestanden. Es wäre wie gesagt sogar kontraproduktiv gewesen.

Wir fragen also:

Wenn die Auferstehung eine Erfindung und der Bericht darüber eine Lüge war, warum verfassten die Jünger ihre Texte dann so, dass sie (noch) unglaubwürdiger wurden, in dem sie Frauen als erste Zeugen darin installierten?


Keine Beweise, doch aber gute Gründe dafür – was wäre, wenn…?

Das sind natürlich alles keine Beweise für die Realität der Auferstehung, doch aber gute Argumente, sich einmal der Frage zu öffnen: „Gibt es vielleicht doch gute Gründe, dass an dieser eigentlich unglaublichen Auferstehung etwas dran sein könnte? Könnte dort doch etwas passiert sein, was meinen derzeitigen Denkhorizont übersteigt?“

Warum ist die Frage der Auferstehung aber so wichtig? Das wird dann erkennbar, wenn wir uns einmal die Frage stelle: „Was hieße es, wenn es wirklich stimmen würde?“ Wenn Jesus wirklich auferstanden ist, dann ist er bestätigt in allem, was er jemals gesagt und getan hat. Und dann stimmt es, was Christen immer sagen: Dass Jesus (dass Gott) wirklich bei uns ist, jetzt in diesem Moment. Nicht nur als schöne Einbildung in unseren Köpfen, sondern wirklich anwesend, ansprechbar und handlungsfähig. Dann ist alles kein religiöser Tick von ein einigen Leuten, sondern dann ist er die allerwichtigste Person, die es gibt. Und die jedem von uns ein persönliches Gespräch mit ihr anbietet.

Was wäre, wenn es stimmt? Wenn Jesus wirklich von den Toten auferstan­den ist? Dann – aber auch nur dann – ist es möglich, dass auch so etwas wie die Jung­frauengeburt stimmt. Aber auf keinen Fall umgekehrt! Ich finde: Diese Frage darf uns ruhig etwas beschäftigen. Gerade weil sie so relevant für Ihr und mein persönliches Leben ist. Mein Vorschlag zur Güte: Bleiben Sie am Ball, gehen Sie der Frage weiter nach. Und es ist vollkommen in Ordnung, wenn Sie bei allem skeptisch sind. Lassen Sie sich aber von solchen Gedanken nicht abschütteln, denn Skepsis ist ja erlaubt und auch erwünscht. Ich finde, es ist sogar eine sehr kluge Einstellung, gerade bei den wichtigen und harten Fragen unseres Lebens den gesunden Menschenverstand nicht über Bord zu werden.

Nein, prüfen Sie gerne kritisch und gewissenhaft, ob es wirklich stimmt, was Christen sagen – nämlich dass ihr Glaube gerade nicht blind ist und sie sich ihre Hoffnung keineswegs aus den Fingern ziehen, sondern vielmehr einen sehenden Glauben & begründete Hoffnung haben.