„Der Ursprung, ja das eigentliche Wesen der Religion ist der Wunsch. Hätte der Mensch keine Wünsche, so hätte er auch keine Götter. Was der Mensch sein möchte, aber nicht ist, dazu macht er seinen Gott.“ (Ludwig Feuerbach)
Danke für diesen Einwand, der anscheinend so beliebt ist, dass er mittlerweile zum dritten Male in ähnlicher Form gestellt wurde. Aber ich gehe gerne noch einmal darauf ein: Dieser Einwand beschreibt ja die so genannte „Wunsch- bzw. Projektionshypothese“: Glaubende malen sich das Bild eines allmächtigen Gottes an den Himmel, da sie sich einen solchen Gott wünschen – und weil sie mit diesem Leben irgendwie nicht zurechtkommen.
Das Problem ist aber: Es wird nicht begründet, sondern einfach nur behauptet und vorausgesetzt, dass Gott nicht existiert. Der Einwand erklärt also, warum Menschen an Gott glauben, wenn es ihn nicht gibt. Er beantwortet gar nicht die – weitaus grundlegendere und zentralere – Frage, ob es Gott gibt.
Denn dass ich einen Wunsch bzw. ein Bedürfnis nach X habe, kann genauso gut ein Hinweis darauf sein, dass es X auch gibt. Ich habe Hunger – und es gibt Nahrung. Ich habe das Bedürfnis nach menschlicher Nähe – und es gibt andere Menschen. Meine Bedürfnisse geben mir also normalerweise darüber Aufschluss, worauf ich angelegt bin. Es ist natürlich klar: Die Sehnsucht nach Gott, die viele Menschen verspüren, ist sicher kein Beweis für Gott – aber sie kann genauso gut als Hinweis und Denkanstoß gewertet werden wie als Gegenargument, zumal das Gottesbild des christlichen Glaubens im Kern den Vorstellungen menschlicher Religiosität direkt widerspricht. Einen Gott, der sich selbst erniedrigt und für seine Geschöpfe gefangen genommen und an einem Kreuz elendig stirbt, um sie zu retten – einen solchen Gott kann man sich kaum ausdenken.
Feuersteins Einwand ist bei genauerem Hinsehen also gar kein wirkliches Argument gegen die Existenz Gottes. Er beantwortet nämlich in keinster Weise die Frage, ob es Gott gibt. Es wird einfach angenommen und einfach grundlegend entschieden, dass dem nicht so ist – und genau an der Stelle hört Feuerbachs Einwand auf, ein ernst zu nehmender Argument gegen Gott zu sein.
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