Welche Auswirkungen erwarten wir uns durch den Glauben an Gott? Den Völkern der eher atheistisch geprägten Länder geht es bedeutend besser als denen der religiös geprägten. Eventuell besteht der Lohn ja im jenseitigen Leben. Aber nach welchen Kriterien suche ich mir die „richtige“ Religion aus? Behaupten denn nicht alle Glaubensrichtungen, dass nur ihr Glaube, und zwar einzig allein ihr Glaube, zu einem ewigen Leben im Himmelsreich führt? Nach welchen Kriterien soll ich also nun wählen? Mit welcher Begründung kommt der Glaube an einen Menschen, der Wasser in Wein wandeln konnte und übers Wasser lief eher in Betracht, als der an ein fliegendes Spaghettimonster?
Danke, das sind sehr gute und viele Fragen. Ich versuche, sie im Laufe des Textes alle irgendwo unterzukriegen. Fangen wir gleich mit der ersten an: Welche Auswirkungen erwarten uns, wenn wir an Gott glauben? Ich würde sagen: Keine, wenn das mit Gott nicht stimmt. Erhebliche, wenn doch. Die Wahrheitsfrage ist hier also von ganz entscheidender Bedeutung – auch für die Frage, welchen Menschen es auf der Welt insgesamt „besser“ oder „schlechter“ geht.
Als Christ kann ich z.B. aus eigener Erfahrung sagen, dass ein Leben, das mit einer begründeten Ewigkeitsperspektive gelebt wird, spürbare Auswirkungen hat – gerade weil sie z.B. das eigene Leben im Hier & Jetzt in ein ganz anderes Licht rückt. Wenn ich z.B. weiß, dass ich auf die Ewigkeit zulebe und der Tod nicht das Ende, sondern der Übergang in das Große ist, was noch kommt. Wenn man das richtig versteht, macht das gerade nicht weltfremd und abgehoben, sondern im Idealfall bewusster und entspannter in diesem Leben. Weil man dann zum Beispiel zu Leuten sagen kann:
„Ich kann dir auch was von meiner Zeit abgeben – ich habe ewig viel davon.”
Weil ich weiß: Das Beste kommt erst noch. Oder: Ich muss nicht mehr die Angst haben, irgendetwas Wichtiges oder gar Entscheidendes zu verpassen. Ich brauche dann nicht mehr nur an meine 85 Jahre hier zu denken, in die ich möglichst viel reinpacken muss. Ich muss dann nicht mehr alles aus diesem Leben mit voller Kraft herauspressen. Das wäre ein Beispiel für eine Auswirkung für das Leben im Hier & Jetzt.
Das war die Diesseitsperspektive, aber gibt natürlich auch eine jenseitige Perspektive. Und da wird es für viele erst so richtig interessant – gerade weil hier das eigene Leben höchst persönlich betroffen ist. Die Frage, ob es ein Leben „danach“ gibt, ist nun einmal im höchsten Maße eine sehr existentielle Frage, da geht es sozusagen ans Eingemachte: Wenn das mit Gott stimmt, stimmt es (leider) auch, dass es am Ende zu einer „großen Scheidung“ kommt. Es ist sicherlich jeder klug beraten, sich intensiver mit dem Thema Gott & Glaube auseinanderzusetzen, der das zumindest für möglich hält. Ich sehe übrigens keinen guten Grund dafür anzunehmen, dass es so etwas auf gar keinen Fall geben kann; die Frage ist also, welches Risiko man bereits ist, einzugehen:
Manche Leute entscheiden sich für die Unsterblichkeit und akzeptieren damit das Risiko eines metaphysischen Irrtums. Andere wollen um jeden Preis einen falschen Glauben an ein Leben nach dem Tod vermeiden und lehnen die Vorstellung deshalb ab, wobei ihnen bewusst ist, dass sie im Falle eines Irrtums ihren ewigen Frieden mit Gott opfern. Was bringt es also dem Atheisten, der sein Leben bestens gelebt hat, wenn er am Ende feststellen muss, dass seine ablehnende Haltung in Wirklichkeit der schlimmste und folgenreichste Fehler war, den er je begangen hat? (vgl. hierzu auch Psalm 73)
Soweit zur christliche Perspektive. Aber wer sagt uns, dass unter den vielen Religionen unbedingt die christliche – oder noch allgemeiner gefragt – eine der westlichen „die richtige“ sein muss? Schließlich gehören auch Religionen des Ostens zu den großen Weltreligionen. Dort geht man davon aus, dass sich die Seele nach dem Tod mit einer transzendenten und letzten Wirklichkeit vereinigt; in den westlichen Religionen nimmt man hingegen eine körperliche Auferstehung an. Nicht alle Glaubensrichtungen gehen also von einem ewigen Leben im Himmelsreich auch – das sind vornehmlich die westlichen Religionen, allen voran das Christentum, der Islam und das Judentum.
Vor diesem Hintergrund halte ich die aufgeworfene Frage „Aber nach welchen Kriterien suche ich mir die „richtige“ Religion aus? Behaupten denn nicht alle Glaubensrichtungen, dass nur ihr Glaube, und zwar einzig allein ihr Glaube, zu einem ewigen Leben im Himmelsreich führt?“ für eine ganz ausgezeichnete Frage. Ich denke, dass es wenig hilfreich ist, wenn die Kriterien, die bei der Suche nach Wahrheit angesetzt werden, subjektiver Art sind, z.B.:
„Ich glaube das, was mein soziales oder familiäres Umfeld mehrheitlich glaubt.“
Das halte ich für zutiefst falsch. Es ist töricht und naiv zu denken, dass z.B. der christliche Glaube deshalb wahr ist, weil man in einem christlich geprägten Kulturkreis aufgewachsen ist; oder weil die Eltern oder Freunde bewusste Christen sind. Nein, bei der Suche nach Wahrheit sollte man sich objektiver Kriterien bedienen. Welche gibt es da?
Vergleicht man z.B. die zentralen Glaubenskerne der verschiedenen Weltsichten rational miteinander, fällt auf: Überall wird uns ein prächtiges Ziel vor Augen geführt: der Himmel, das Nirwana, die Erlösung, die Erkenntnis etc. Und religiöse Systeme – und ich nehme da die christliche Tradition gar nicht aus – sind zumeist ziemlich gut darin, dieses Ziel in den goldensten Farben zu malen und uns dann zu sagen:
Du willst dahin, oder? Das schaffst Du auch und wir werden Dir sagen, wie es geht. Folgendes musst Du einhalten, folgende Rituale musst Du befolgen, folgende Regeln vollziehen. Und wenn Du Dich nur immer strebsam bemühst und anstrengst, dann kommst Du vielleicht einmal zu diesem herrlichen Ziel.
Wer es schafft, den göttlichen Maßstäben gerecht zu werden, wird letztlich das große Ziel, „den Himmel“, erreichen. Religionen haben es immer sehr gut hinbekommen, uns diesen Erlösungsweg aufzuzeigen. Er kann manchmal sehr beschwerlich, manchmal auch leichter sein; aber der religiöse Leitfaden ist stets derselbe: „Tue dies und das, unterlasse dies und das, dann findest Du Gott.“ Nach diesem Leistungsprinzip funktionieren im Grunde alle Religionen – außer eine: Die christlichen Botschaft besagt nämlich, und das können Sie natürlich gerne nachzuprüfen, in ihrem Kern das genaue Gegenteil:
Du musst und brauchst nichts zu tun und nichts zu leisten, um zu Gott zu kommen. Du kannst Dir den Himmel auch nicht durch gutes Tun verdienen oder erarbeiten – Gottes Anerkennung ist vielmehr ein freies Geschenk. Gott wurde in Jesus selbst Mensch und hat am Kreuz alles getan, was nötig ist, um zu ihm zu kommen. Mit dem Kreuz hat er bereits „Ja“ zu uns gesagt –alles, was Du zu tun brauchst, ist, auch ein ehrliches „Ja“ zu Gottes Angebot zu sagen.
Christen glauben, dass wir nicht durch unser Tun erlöst sind, sondern durch das, was Gott in Jesus für uns am Kreuz bereits getan hat. Das ist absolut einzigartig im großen Supermarkt der Religionen und überrascht nicht wenige – gerade weil christlicher Glaube bei näherer Betrachtung so gar nicht ins eigentliche „Religionsschema“ hineinpasst. Er ist, wie Timothy Keller ganz richtig bemerkt, „nicht religiös oder irreligiös: Er ist grundsätzlich anders.“ Und gerade weil sich dieser Glaube im Gegensatz zu allen anderen Glaubensbotschaften als ein freies Geschenk versteht, das man sich nicht verdienen bzw. erarbeiten kann, sondern nur anzunehmen braucht, liegt aus meiner Sicht ein erster guter und objektiver Grund vor, sein Augenmerk bei der Suche nach Wahrheit zumindest einmal auf den christlichen Glauben fallen zu lassen.
Wohlgemerkt: Ich sage nicht: Ein guter Grund, Christ zu werden. Ich sage nur: Ein guter Grund, seine Suche nach Wahrheit beim christlichen Glauben zumindest einmal zu beginnen.
Ein zweiter objektiver Grund dafür, warum man die Wahrheitssuche beim christlichen Glauben zumindest beginnen könnte, lautet: Der historische Kern bzw. die historische Glaubwürdigkeit des christlichen Glaubens ist überprüfbar. Und das ist alles andere als selbstverständlich. Christen saugen sich ihre Hoffnung nicht aus den Fingern. Nein, die Glaubwürdigkeit des christlichen Glaubens steht und fällt mit der Person Jesus. Christen glauben ja schließlich nicht an eine Ideologe oder Institution und übrigens auch nicht primär in einem Buch – sondern in erster Linie an eine Person: die Person Jesus Christus. Für Christen ist Jesus sozusagen die erkenntnistheoretische Grundlage ihres Glaubens.
Und genau an dieser Stelle liegt der große Unterschied zu Figuren wie dem Fliegenden Spaghettimonster, Zeus, Harry Potter usw. Bei Jesus haben wir es mit einer historischen Person zu tun, die vor ungefähr 2.000 Jahren tatsächlich auf dieser Erde gelebt hat. Das bestreitet heutzutage im Grunde niemand mehr, selbst die große Mehrheit der bibelkritischen Forschung nicht. Der Kern des christlichen Glaubens ist also eine Person, die historisch greifbar ist. Nur deshalb können sich Fragen ergeben wie z.B., inwiefern die Lebensberichte Jesu überhaupt historisch zuverlässig sind. Der aktuelle Stand der historischen Leben-Jesu-Forschung (die so genannte “third quest”-Bewegung) sagt hierzu zusammenfassend Folgendes:
Historische Jesusforschung kann den christlichen Glauben niemals begründen oder gar seine Richtigkeit beweisen. Sie kann jedoch zeigen, dass dieser Glaube auf dem Wirken und Geschick einer Person gründet, die sich, wenn auch nicht in jedem Detail, so doch in wichtigen Facetten auch heute noch nachzeichnen lassen. Damit leistet sie für die Verantwortung des christlichen Glaubens in der modernen Welt einen substantiellen Beitrag. (Schröter 2010, Jesus von Nazaret, S. 34).
Das ist natürlich nur ein kleiner Einblick in das große Feld der historischen Jesusforschung, aber schon der kann darauf hinweisen: Die Überlieferungen Jesu stehen auf historisch überaus sattelfesten Beinen (vgl. auch den Blogtext „Der historische Jesus“).
Aus christlicher Sicht ist der Anspruch Jesu, Gott zu sein, darüber hinaus in einem ganz konkreten Punkt bestätigt worden – nämlich in der Auferstehung Jesu. Christen glauben, dass die Auferstehung tatsächlich ein historisches Ereignis ist, das der kritischen Prüfung standhält (vgl. den Blogtext „Fakt oder Fiktion? Die Auferstehung Jesu“) Und was diesen Punkt angeht, ist selbst das Neue Testament brutal ehrlich, wenn dort geschrieben steht:
„Um es noch einmal zu sagen: Wenn die Toten nicht auferstehen, ist auch Christus nicht auferstanden. Und wenn Christus nicht auferstanden ist, ist euer Glaube eine Illusion.“ (1. Kor. 15, 16f.)
Ein dritter und vorerst letzter objektiver Grund, seine Suche nach Wahrheit beim christlichen Glauben zumindest einmal zu beginnen: die Person Jesu selbst. Denn Jesus fasziniert interessanterweise alle, nicht nur die Christen. Was meine ich damit? Nun, im Gegensatz zu allen anderen Glaubensstiftern ist Jesus der einzige, der in fast allen Glaubenssystemen eine wichtige Rolle spielt. Für viele gläubige Hindus ist Jesus einer der zehn körperlichen Manifestationen Vishnus. Viele Buddhisten (selbst der aktuelle Dalai Lama) sehen Jesus als Bodhisattva, ein Erleuchtungswesen. Für Muslime ist Jesus ein großer Prophet, der (sogar im Gegensatz zu Mohammed) viele Wunder vollbracht hat. Und auch für viele andere Gruppen (Baha‘i, Deisten, Zeugen Jehovas, Mormonen, Sikhs, New-Age-Bewegung, Jains, Religious-Science-Bewegung usw.) ist Jesus so faszinierend, dass ihm alle eine hohe Bedeutung zusprechen.
Schlussendlich zeigt sich: Es gibt durchaus gute und objektive Gründe, seine Suche nach Wahrheit zumindest einmal beim Christentum zu beginnen. Konkret meint das die Auseinandersetzung mit der Person Jesu, der Kern und erkenntnistheoretische Grundlage christlichen Glaubens ist. Dazu kann man nun auf Primärliteratur zu Jesus zurückgreifen, sprich die historischen Lebensberichte Jesu. Die lesen sich sicherlich am besten in einer modernen und texttreuen Übersetzung. Es ist aber auch vollkommen in Ordnung, wenn man für sich zunächst einmal prüfen möchte, ob die Texte wirklich so historisch glaubwürdig sind, wie so oft gesagt wird. Hierzu sei etwa Schröters „Jesus von Nazaret“, Spieß‘ „Jesus für Skeptiker“, Kellers „Warum Gott?“ oder Strobels „Der Fall Jesus“ empfohlen. Die Auswahl an guter Literatur ist also groß.
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