Wer erschuf Gott?
Danke für diese sehr gute Frage erst einmal. Sie ist ja wahrlich ein „Klassiker“, kommen wir also zu meinem Antwortvorschlag.
Christen sagen, dass vor der Schöpfung nur Gott war, sonst nichts. Wenn nun gesagt wird, Gott sei der Schöpfer, meinen wir ja nicht nur, dass er feste Gegenstände wie Planeten oder Bäume erschaffen hat. Wir meinen damit, dass er wirklich alles erschaffen hat. Alles, was Sie sich vorstellen können; jede einzelne Existenz auf jeder Ebene und in jeder Dimension war einst nicht, bevor Gott sie erschuf. Das heißt, dass Gott sogar Ideen erschuf.
Er erschuf nicht nur das konkrete Universum aus Quantenfeldern, Gasen, festen Körpern und Flüssigkeiten; er erschuf auch alle abstrakten Wirklichkeiten wie z.B. Güte, Sinn oder Logik. Diese Ideen existierten nicht, bevor er sie erschuf. So wie es keine Bäume gab, ehe Gott den ersten Baum erschuf, so gab es auch keinen Anfang, ehe Gott den ersten Anfang erschuf. Der Einwand beruht also auf einem Missverständnis. Man kann schlecht fragen: „Wer erschuf Gott?“, weil bereits die Idee des Erschaffens Gottes Idee war. So etwas wie eine Schöpfung gab es nicht, bevor Gott sie erschuf.
In den Ausführungen spiegelt sich auch die Definition Gottes wider, die Anselm von Canterbury vorschlägt: „Gott ist das in jeder Hinsicht größte vorstellbare Wesen ist. Wenn man von etwas noch größer als von Gott denken könnte, dann wäre das Gott.“ Wer also fragt, wer Gott erschaffen habe, der spricht eben noch nicht von Gott, sondern denkt vielmehr nur an irgendeine Zwischeninstanz, eine Art „Weltenbaumeister“. Ein stimmiger Gottesbegriff muss dagegen immer ein Grenzbegriff sein; das dadurch gemeinte Objekt muss so beschaffen sein, dass weitere Erklärungsforderungen darüber hinaus nicht mehr sinnvoll sind.
Hallo,
-So etwas wie eine Schöpfung gab es nicht, bevor Gott sie erschuf.-
Da muß ich einwenden, daß es schon vor der Bibel Schöpfungsmythologien gab und eine babylonische in Keilschrift verfasst(demzufolge älter) hat dieselbe Idee:
50 große Götter forderten die Muttergöttin Mami: „Schaffe uns den Menschen, der alle Arbeiten für uns verrichten soll.“
Die Muttergöttin neigte zustimmend den Kopf.
„So tötet einen Gott“ sagte sie, „denn aus Erde und göttlichem Blut soll der Mensch bestehen.“
Da warfen die Götter die Schicksalslose. Sie töteten den Gott, den das Los traf. Sein Blut brachten sie zu Mami.
Unterdessen kneteten 14 Göttinnen eine Teig aus Lehm. Mami teilte ihn in14 Stücke. Aus dem Lehm und dem Blut formte sie sieben Männer und sieben Frauen und blies ihnen den Lebensodem ein. In 7 Paaren, Mann und Frau, schuf Mami also die ersten Menschen.
Soweit der babylonische Erklärungsansatz der Schöpfung des Menschen, der sogar einen Inzest verhindert und eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Genesis hat, außer das in dieser nur ein Gott vorkommt.
Daraus läßt sich erkennen das die Bibel ein literarisches Buch ist, was auf archetypische Erklärungsmuster zurück greift und zugleich die Evolution durch die Geschichte beweist, von vielen Göttern zu einem Gott und denkt man nun noch einen Schritt weiter, dann löst sich auch diese eine Gott in Wohlgefallen auf…
Lieber Ralf,
danke für Ihren kritischen Einwand. Der Atrachasis-Epos, auf den Sie hier anspielen, wird allerdings auf ca. 2000 – 1800 v. Chr. datiert. Soll heißen: Selbst wenn wir von einer 6000 Jahre alten Erde ausgehen, spielt sich der Atrachasis-Text viel später als die biblischen Texte ab. Es sei an dieser Stelle natürlich nach wie vor dahingestellt, ob wir es wirklich mit einer „jungen“ Erde zu tun haben (Näheres hier: http://www.mitdenkend.de/200/) – aber wie gesagt: Selbst wenn…
Hallo Stephan,
Wo steht in der Bibel das die Erde 6000 Jahre alt ist? Außerdem hinkt der Vergleich, schauen wir doch mal, wann zB die Genesis verfasst wurde und da steht in meiner Bibel um 900, somit ist der Atraḫasis-Mythos (1800)weitaus älter.
In ihrer Verbannung wurde die Priesterschaft sicher mit diesem Epos konfrontiert und die haben diese Geschichte mitgebracht und für ihre Zwecke umgeschrieben.
In der geschichtlichen Chronologie war zudem der Polytheismus in den Köpfen der Menschen zuerst verwurzelt und dann kam ein Wanderprediger und hat die ganzen Götzen aus dem Tempel geworfen. War ja zu der Zeit clever, weil, ab da an, jeder nur noch auf einen Gott eingeschworen werden musste, was wiederum den Zusammenhalt in der Gruppe stärkte.
Fazit: Die Bibel fußt somit auf ältere Quellen und ist deshalb einfach nur Literatur, mehr aber auch nicht!
Lieber Ralf,
danke für Rückmeldung. Ich wäre, wie angedeutet, vorsichtig zu sagen: Weil es sein kann, dass Gen1 eine Antwort auf einen vorhandenen Schöpfungsmythos sein kann – und diese Möglichkeit ist ja nicht ausgeschlossen, vgl. den Artikel, den ich letztens verlinkt hatte -, deshalb ist die Bibel in ihrer Gesamtheit unglaubwürdig.
Das wird vor allem dann deutlich, wenn es um den eigentlich Kern der biblischen Texte geht. Und der findet sich nicht im AT, sondern im NT, genauer gesagt in der Person Jesu. Die Wahrheit der biblischen Botschaft steht und fällt mit ihm, konkreter gesagt mit Jesu Auferstehung. Da ist selbst das NT brutal ehrlich, vgl. 1Kor 15,17: „Wenn Christus nicht auferstanden ist, ist euer Glaube eine Illusion.“
Würde also im denkbar schlimmsten Fall bedeuten: Selbst wenn Gen1 eine Antwort auf ältere Quellen darstellt (wobei ich immer noch nicht sehe, weshalb Gen1 dann zwangsläufig falsch sein muss), macht das den Kerninhalt der biblischen Botschaft (= Auferstehung Jesu) immer noch nicht hinfällig.
Gott kann gar nicht unendlich alt sein, denn Unendlichkeit gibt es nur in der Theorie.
Ein Beispiel zur Illustration: Stellen Sie vor, Sie hätten eine unendliche Anzahl an Münzen. 1,2,3… bis unendlich. Stellen Sie sich nun vor, ich würde Ihnen alle ungeraden Münzen wegnehmen. Wie viele Münzen hätten Sie jetzt noch? Natürlich immer noch unendlich viele, nämlich alle gerade Münzen – und die sind ja auch in einer unendlichen Anzahl vorhanden. Wir sehen: Unendlich minus unendlich ist scheinbar unendlich.
Aber stellen Sie sich nun einmal vor, dass ich Ihnen alle Münzen wegnehme, die größer sind als 5. Wie viele Münzen hätten Sie jetzt noch? Die Antwort lautet: 5. Wir sehen: Unendlich minus unendlich ist 5. In beiden Fällen habe ich Ihnen eine gleiche Anzahl an Münzen von einer gleichen Anzahl an Münzen weggenommen. Letztendlich kommen wir aber zu zwei widersprüchlichen Lösungen. Nun ist es in der Tat so, dass Sie mit der Formel „unendlich minus unendlich“ wirkliche jedes Ergebnis erhalten können – von 0 bis unendlich. Aber das ist alles nur in der Theorie möglich. Das ist nur ein Beispiel davon, zu zeigen, dass Unendlichkeit nur eine Idee in unseren Köpfen ist. Unendlichkeit existiert nicht in der Realität.
Lieber Kurt,
danke für Ihren guten und richtigen Kommentar. Sie haben auch vollkommen Recht: Unendlichkeit ist in der Tat ein theoretisches Konstrukt, das in der Wirklichkeit nicht existiert. „Hilberts Hotel“ zeigt das ja ganz gut (oder auch Ihr Beispiel).
Der Punkt ist nun aber, dass Gott gar nicht „unendlich alt“ ist, sondern Gott außerhalb der Zeit steht. Wir müssen eben bedenken: Zeit ist erst mit dem Urknall vor 13,82 Milliarden Jahren entstanden, „vorher“ gab es keine Zeit (und auch keinen Raum und keine Materie). Sie haben also Recht: Nichts und niemand – auch Gott nicht – ist unendlich alt.
Der Begriff „unendlich alt“ setzt ja das Konzept von Zeit voraus. Wäre Gott nun wirklich so, wäre er 13,82 Milliarden Jahre alt – das ist schließlich das größtmöglichste Alter, das man im Universum erreichen kann. Da Gott aber außerhalb von Raum und Zeit ist, ist er nicht in diesem Zeitrahmen „gefangen“.