Warum gab Gott seinen Sohn? Würde denn ein guter Vater seinen Sohn opfern? Nein, würden Sie als Vater Ihren Sohn opfern, um irgendein obskures (selbst aufgestelltes) Gesetz zu erfüllen? Er opfert also Jesus, der er ja irgendwie auch selbst ist (Dreieinigkeit) und erweckt ihn danach gleich wieder zum Leben. Wenn es mal ein Opfer gab, dann gibt es spätestens mit Jesu-Auferstehung keins mehr. Eine grausame Opfer-Simulation von einem inkonsequenten Gott. An einen solchen Gott zu glauben, würde mich sehr viel Überwindung kosten.
Danke für diese gute und berechtigte Frage. Das Problem liegt meiner Ansicht nach darin, dass wir die Ausdrücke „Vater“ und „Sohn“ mit unserer westlichen Brille des 21. Jahrhunderts sehen. “Moment”, sagen vielleicht manche. „Jesus sagt doch selbst, dass er Gottes Sohn sei?” Wie gesagt: Wer diese Frage stellt, stellt eine sehr nachvollziehbare Frage. Und es stimmt ja: In den Evangelien beschreibt sich Jesus ja wirklich so. Ich kann es daher ganz gut nachvollziehen, wenn man Probleme mit der Sicht hat, dass Jesus selbst Gott sein soll – gerade weil er seine Sohnschaft immer wieder betont. Aber Jesus sagt ja nicht nur: “Ich bin Gottes Sohn”, sondern auch: “Ich und der Vater sind eins.” Und das ist ja sehr wichtig – so wichtig, dass wir es nicht ignorieren dürfen. Zu Beginn des Johannes-Evangeliums lesen wir etwa:
„Niemand hat Gott je gesehen. Der einzige Sohn hat ihn uns offenbart, er, der selbst Gott ist.”
Wir werden also insofern herausgefordert, als Jesus zwar zweifelsohne Gottes Sohn, aber – und das ist der springende Punkt – genau deshalb Gott selbst ist. C. S. Lewis hilft uns ein wenig, das zu verstehen, wenn er schreibt:
Was Gott zeugt, ist Gott; wie Mensch ist, was der Mensch zeugt. Was Gott erschafft, ist nicht Gott, wie das von Menschenhand Geschaffene nicht Mensch ist.
Mit dem Verweis darauf, dass er Gottes Sohn ist, unterscheidet Jesus also gerade nicht zwischen Gott und ihm, sondern weist auf die Wesensgleichheit hin: „Ich, der Sohn, und Gott, der Vater, sind gleich.” Wie Lewis eben sagt: “Was Gott zeugt, ist Gott”. Das fordert uns heute sicher heraus, aber betrachten wir die Aussage Jesu vor dem soziokulturellen Kontext der damaligen Zeit, sehen wir: Juden im 1. Jahrhundert war es sehr klar, was Jesus mit seiner Sohnschaft ausdrückte: Wer es mit ihm zu tun hat, hat es mit Gott zu tun. Wenn Jesus sich als Sohn Gottes beschreibt, meint er, dass er Gottes Ebenbild ist – wer ihn sieht, sieht Gott, wer Jesus kennt, kennt Gott. Es ist also wörtlich zu verstehen, wenn es in 1. Johannes 5 heißt: „Gott ist Liebe” – und Liebe braucht ein Gegenüber, das geliebt werden kann.
Gott ist in sich liebevolle Beziehung – vom Vater zum Sohn zum Geist und zurück… Es ist aber völlig in Ordnung, wenn Ihnen das alles etwas “abstrakt” vorkommt. Und ich bin mir durchaus bewusst, dass dieses Thema noch weitere gute Fragen zulässt. Aber letztlich bleibt der Punkt, den ich aufzeigen wollte: Wenn Jesus seine Sohnschaft Gottes betont, unterstreicht er damit den Punkt, dass er Gott ist.
Darüber hinaus sagt Jesus ja auch, dass er „der Menschensohn“ sei. Damit ist natürlich nicht gemeint, dass er der Sohn jedes Menschen ist. Nein, die Beschreibung „Menschensohn“ ist eine jüdisch-messianische Bezeichnung. Jesus ist der eine, dem Herrschaft und Ehre und Königreich gegeben wurden. Als er diesen Titel benutzte, schrieb er sich die Prophezeiung vom Menschensohn selbst zu. Die Juden jener Zeit waren mit dem Begriff und dem, auf den er hinwies, vertraut. Jesus ernannte sich damit selbst zum Messias.
Es ist also ein Fehler, solche Ausdrücke wie „Gottes Sohn“ und „Menschensohn“ mit unserer heutigen Brille verstehen zu wollen. Wenn wir wirklich verstehen möchten, was ursprünglich damit gemeint ist, müssen wir unsere „westeuropäische Brille des 21. Jahrhunderts“ durch die „jüdische Brille des 1. Jahrhunderts“ austauschen. Dann wird die Sicht klarer.
Wir sehen also: Am Kreuz stirbt nicht irgendwer, Christen sagen: Am Kreuz starb Gott höchstpersönlich – in Jesus. Für uns Menschen. Freiwillig und aus Liebe. Wir haben es also ganz und gar nicht mit einem grausamen und brutalen Gott zu tun, der ein barbarisches Menschenopfer fordert. Ganz im Gegenteil: Gerade weil es Gott selbst ist, der sein Leben aus freien Stücken und Liebe zu uns Menschen gibt, damit der Weg für uns zu ihm wieder frei ist, ist Gott (wie ihn die Bibel beschreibt) jemand, dem wir zu allergrößtem Dank verpflichtet sind. Gerade deshalb, weil der Mensch, der in seinem Leben so viel Ungutes tut, es überhaupt gar nicht verdient hat, von Gott errettet zu werden. Das ist das, was die Bibel mit „Gnade“ bezeichnet: Wir haben es absolut nicht verdient, aber Gott gibt sein Leben trotzdem freiwillig für uns. In Johannes 13,15 lesen wir deshalb völlig zu Recht:
„Niemand liebt seine Freunde mehr als der, der sein Leben für sie hergibt.“
Nun kommt natürlich eine weitere (große) Frage auf: „Wenn Gott doch allmächtig ist, hätte er es auch anders lösen können? Musste es unbedingt der Tod am Kreuz sein, den Gott selbst sterben muss? Ginge es nicht auch anders?“ Ich finde diese Nachfrage sehr nachvollziehbar. Das Problem ist meiner Ansicht nach, dass wir davon ausgehen: Wer allmächtig ist, der muss auch alles tun und lassen können, was denkmöglich ist. Das ist aber nicht das, was die Bibel unter „Gottes Allmacht“ versteht, denn nach der Bibel kann Gott kann zB nicht lügen.
Ist Gott dann aber noch allmächtig, wenn er nicht die Fähigkeit hat, zu lügen? Aus biblischer Sicht kratzt das seine Allmächtigkeit in keinster Weise an, aber der Fakt steht ja: Gott kann nicht lügen. Gott kann auch nicht nicht lieben. Oder Gott kann auch nicht nicht gerecht sein. Gott ist immer liebend und immer gerecht, er hat keine Wahl, anders zu sein. So ist sein Wesen und daran kann er nichts ändern. Gott kann auch nicht jede Welt, die er möchte: Er kann zB keine Welt erschaffen, in denen jemanden dazu bringen kann, etwas freiwillig zu tun. Das ist einfach ein Widerspruch.
Nun zu einem Punkt, der für unsere Frage noch relevanter ist: Kann Gott in der Gegenwart von Sünde sein? Und die Antwort. Nein, das kann er nicht. Und bitte nicht falsch verstehen: Das Problem hat eigentlich gar nicht Gott, das Problem hat die Sünde, denn diese kann sich dem Heiligen nicht nähern. Aber Sünde ist ja etwas Abstraktes, Sünde braucht immer einen Täter, der die Sünde tut; deshalb ist es wohl besser zu sagen: Kann Gott in der Gegenwart von Sündern sein? Oder besser formuliert: Können Sünder in der Gegenwart Gottes sein? Und die Antwort, die sich Gottes Heiligkeit ergibt, lautet: Nein.
Wenn Sünde bzw. Sünder in die Gegenwart Gottes kommen, werden sie durch Gottes Heiligkeit entweder abgestoßen oder ausgelöscht. Da kann Gott gar nicht anders. Da hat er keine Wahlmöglichkeit. Gott kann nicht sagen: „Wenn sich mir Sünde nähert, stoße ich sie nicht ab bzw. lösche ich sie nicht aus.“ Gott kann Sünde also nicht (mehr oder weniger) ignorieren, er muss handeln, wenn es Sünde geht. Ist Gott aber deshalb nicht mehr allmächtig? Biblisch gesehen, bleibt er es trotzdem.
Wir fassen zusammen: Dass Gott allmächtig ist, heißt nicht, dass er alles tun oder lassen kann, was er will. Weil die Allmacht ja nicht sein einziges Wesensmerkmal ist. Heiligkeit gehört u.a. eben auch dazu. (Und noch vieles vieles mehr). Und Gott kann seinem Wesen eben nicht widersprechen. Vielleicht kommt diese bzw. Deine Frage ja auch deshalb auf, weil man Gott nur auf seine Eigenschaft „allmächtig“ reduziert. Ist er ja auch – aber nicht nur, sondern wie gesagt: auch. Gott muss angesichts von Sünde also handeln – und seine Heiligkeit erlaubt ihm eben keinen anderen Weg, als dass er Sünde auslöschen muss. Oder besser formuliert: Sünde geht kaputt, wenn sie in die Gegenwart Gottes kommt.
Das könnte man z.B. mit einem elektronischen Mückenvernichter vergleichen. Der kann eben auch nicht anders: Wenn sich die Mückern im nähern, überlegen sie nicht lange. Sie verbrutzeln bei 3000 Volt. Und so ist es auch bei der Sünde und Gott: Auch sie „verbrutzelt“ an Gottes Heiligkeit, wenn sie sich Gott nähert. Wir sehen also: Gott muss Sünde bestrafen, weil er heilig ist. Er hat keine Option, es nicht zu tun. Und nun sieht er uns sündige Menschen, die er über alles liebt. Und er weiß: Wenn wir Sünder eines Tages vor ihm stehen werden, dann muss das ungut für uns ausgehen: Der Lohn der Sünde ist eben deshalb ja auch der (ewige) Tod. Und so gerne er es wollte: Er kann Sünde nicht gutheißen und deshalb muss auch der Sünder dran glauben. Es ist also gar nicht das Problem, dass Gott mit uns Sündern nicht klar kommt.
Nein, Gott kommt mit der Sünde nicht klar. Den Sünder liebt er, die Sünde hasst er. Man könnte sogar etwas unromatisch sagen: Den Sünder muss er lieben, weil Gott ja Liebe ist – die Sünde muss er hassen, weil Gott heilig ist. Klingt eben etwas komisch, weil das so klingt, als wenn es ein leidiges Pflichtprogramm wäre, dass Gott uns lieben muss.
Gott hat also ein Problem: Er muss Sünde bestrafen, folglich muss er eine Strafe setzen. Und nun kommt`s: Es stimmt ja, dass Gott Sünde bestrafen muss – aber das bedeutet ja nicht, dass er den Sünder bestrafen muss. Weil Gott allmächtig ist und weil er uns liebt, sagt er: „Okay, Schuld muss Konsequenzen haben – aber nicht der Mensch muss diese tragen, ich selbst werde sie ertragen.“ Und das ist genau das, was Jesus am Kreuz getan hat. Am Kreuz wurde er für uns zur Sünde gemacht, damit wir vor Gott eine weiße Weste haben. Gott widerspricht sich also nicht: Er bestraft die Sünde, aber er nimmt die Strafe für uns auf sich. Nicht anders konnte es gehen, damit wir gerettet werden.
Jesus sagt selbst, dass der Vater grösser ist als er. Es steht geschrieben, dass Gott das Haupt von Jesus ist. Jesus kann nicht Gott sein da Gott nicht erniedrigt wird unter einem anderen Gott.
Simon Petrus aber antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.
(Matthäus 16:16)Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, die sind Söhne Gottes. (Römer 8:14)Ich und der Vater sind eins könnte auch gedeutet werden das er sich z.b mit dem Bewustsein des Einen verbunden hat.
Hallo Karl, danke für Deinen Kommentar. Die Erklärung hierzu finden wir in Phil, 2,5f, wo steht:
„Denn ihr sollt so gesinnt sein, wie es Christus Jesus auch war, der, als er in der Gestalt Gottes war, es nicht wie einen Raub festhielt, Gott gleich zu sein; sondern er entäußerte sich selbst, nahm die Gestalt eines Knechtes an und wurde wie die Menschen; und in seiner äußeren Erscheinung als ein Mensch erfunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz.“
Während hier also gut deutlich wird, dass sich Gott sehr wohl entäußerte, wird in Joh. 1 die Wesensgleichheit von Gott, dem Vater und Gott, dem Sohn (= Jesus) deutlich:
„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. … Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns; und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“