Haben wir mit Gott in der Vergangenheit nicht einfach versucht, die wissenschaftlichen Lücken zu schließen, die wir einst hatten. Aber heute, wo wir die Welt sehr gut erklären, können, da ist Gott doch unnötig geworden?
Danke für diese gute Frage. Ich glaube nicht an einen Lückenbüßer-Gott, der nur dann zum Zug kommt, wenn die Wissenschaft nicht mehr weiter weiß, also dann immer kleiner wird, je mehr man weiß. Nur weil die Wissenschaft nachvollziehen kann, wie gewisse Dinge funktionieren, ändert das nichts am Schöpfer.
Schauen Sie sich mal Ihr iPhone an (sofern Sie eines besitzen). Angenommen, wir wüssten exakt, wie dort drin alles funktioniert – wäre Tim Cook Jobs für Sie dann kleiner oder gar überflüssig? Gleichzeitig ist es ein Argument für Gott, dass man heute an einem Punkt ist, wo man zwar vieles bis zum Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren zurückverfolgen kann, dann aber zum breiten Konsens gelangt, dass irgendwo am Anfang etwas stehen muss, das wir nicht ergründen können. Und zwar etwas Energie-, Materie-, Raum- und Zeitloses, denn diese Dinge gab es erst seit dem Urknall. Ist es unplausibel, hier Gott ins Spiel zu bringen? Ich denke nicht.
Aus meiner Sicht spannend sind hier auch die Ansichten Einsteins und anderer wichtiger Wissenschaftler, dass es eine Intelligenz hinter all der Komplexität des physischen Universums geben müsse. Die Komplexität selbst – die viel komplexer ist als das physische Universum – kann meiner Ansicht besser mit einer intelligenten Quelle, als anderswie erklärt werden. Auch die DNS zeigt eine nahezu unglaubliche Komplexität.
Der Fehler, den Richard Dawkins als Akademiker gemacht hat, war seine Weigerung die Lehre darzulegen, die er glaubt widerlegt zu haben. Wir finden zum Beispiel in seinem Stichwortverzeichnis vier Verweise auf Einstein. Sie kommen im Gewande Einsteins daher und befassen sich damit, was er über Moral, einen persönlichen Gott und die Situation der Menschheit denkt und über seine Ansicht, dass der Mensch für andere Menschen und v.a. für die da ist, von deren Wohlergehen unsere Lebensfreude abhängt.
Aber er erwähnt Einsteins wichtigste Folgerung überhaupt nicht: Nämlich dass die integrale Komplexität der Welt der Physik ihn davon überzeugt hat, dass hinter den Dingen eine göttliche Intelligenz stehen muss. Wenn dieses Argument auf die Welt der Physik angewendet werden kann, finde ich persönlich es offensichtlich, dass es noch viel bedeutsamer sein muss, wenn man es auf die unermesslich kompliziertere Welt der Biologie anwendet.
Wir halten fest: Der Glaube an eine höhere Macht ist weit verbreitet, auch unter Wissenschaftlern, man nennt das „Deismus“. Für gläubige Christen ist das zwar eine zu unscharf definierte Position – wir glauben an einen personalen Gott als Schöpfer und an die Offenbarung durch Jesus. Aber im Grunde ist man sich einig, dass nicht Materie und Energie allein zum komplexen Leben geführt haben können. Einstein, Newton, Planck, um nur ein paar wenige zu nennen, waren alle zumindest «Deisten».
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