Erlöst sich der Mensch nicht selbst, wenn alles eine reine Willensentscheidung ist für oder gegen Gott? Ist es nicht gerade wieder so eine Regel: Du musst dich entscheiden zu glauben, damit du nicht in der Verdammnis landest?
Danke für diese guten Fragen. Nun „funktioniert“ der christliche Glaube ja nicht so, dass man sich einfach mal so dazu entscheiden soll, an Gott zu glauben. Das geht alleine schon aus dem Grunde nicht, da sich christlicher Glaube im Kern als eine Beziehung versteht – eine persönliche und vertrauensvolle Beziehung zu Gott. Und so etwas wie Vertrauen kann man nicht „einfach mal so“ haben und auch nicht erzwingen. Nein, die Sache ist etwas komplizierter.
Der Gott, an den Christen glauben, ist kein „ferner Gott“, der irgendwo hinter’m Himmelszelt sitzt und sich aus der Welt und dem Leben der Menschen fein säuberlich heraushält. Der Gott, an den Christen glauben, ist jemand, der sich nichts Sehnlicheres wünscht als mit jedem seiner Geschöpfe eine vertrauensvolle Beziehung zu haben. Und er verlangt nicht, dass ihm einfach so vertraut wird. Nein, um zu zeigen, dass er vertrauenswürdig ist, entschloss sich Gott, in der Person Jesus selbst Mensch zu werden, damit wir überhaupt die Möglichkeit haben, etwas über Gott erfahren zu können und um zu überprüfen, ob er wirklich so vertrauenswürdig ist, wie er behauptet.
Christen sagen daher, dass man Gott kennen lernen kann, wenn man die Person Jesus kennen lernt. Genau das hat Jesus schließlich von sich behauptet: „Wer mich sieht, sieht Gott, den Vater.“ Ein Aspekt der Willensentscheidung, von der Sie sprechen, beginnt zum ersten Mal hier: Entscheide ich mich dafür oder dagegen, mich einmal näher mit Jesus auseinanderzusetzen? Sie sehen: Christlicher Glaube beginnt an einer ganz anderen Stelle als bei dem Gedanken: „So, ich entscheide mich jetzt, an Gott zu glauben.“ Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen: Wer diesen Gedankengang ohne Vorlauf (also ohne die Überprüfung der Person Jesu) tätigt, der läuft Gefahr, einem blinden bzw. Strohfeuerglauben zu erliegen. Also ein grundloser Glauben, der auf nichts basiert.
Nun versteht sich der christlicher Glaube ja aber gerade nicht als „blindes“, sondern vielmehr als „sehendes“ Vertrauen. Man muss nicht einfach etwas glauben, ohne gute Gründe dafür zu haben. Und aus christlicher Sicht beginnt die Suche, ob man sich letztendlich(!) – also nicht früher – für oder gegen Gott entscheidet, mit der Auseinandersetzung mit diesem Zimmermann aus Nazareth, der von sich behauptet hat, der menschgewordene Gott persönlich zu sein. Hier kann man sich im Laufe seines „Jesus-Studiums“ z.B. die Frage stellen: „Ist dieser Jesus aus meiner Sicht glaubwürdig? Welchen Eindruck macht er auf mich?“
Und erst dann, wenn man zu der Ansicht kommt, dass dieser Jesus zumindest eine Spur von Vertrauenswürdigkeit erweckt, erst dann geht die Reise ja weiter. Dann stellen sich Fragen nach der Möglichkeit seiner Auferstehung und ob es stimmt, was Christen behaupten: Dass Jesus lebt und deshalb auch erlebbar ist für jeden von uns. Und letztlich erst dann, wenn man es probeweise wagt, diese Erlebbarkeit Jesu ernsthaft herausfinden zu wollen und dieser „Testlauf“ positiv ist, erst dann sollte man dazu entscheiden, an Gott zu glauben, von dem uns die biblischen Schriften erzählen.
Sie sehen es gewiss selbst: Der Gott, an den Christen glauben, verlangt nicht, dass man sich einfach blind dazu entschließt, an ihn zu glauben. Im Gegenteil: Das ist ganz und gar nicht in seinem Sinne. Denn wie gesagt meint Christsein eine vertrauensvolle Beziehung zu Gott und da ist es wie mit jeder anderen Beziehung auch: „Einfach mal so“ eine Beziehung mit jemanden einzugehen, das ist nicht denkbar. Und falls es doch jemand tut, dürfte es sich um keine ernst gemeinte Beziehung handeln. Aber eine Beziehung muss immer auf etwas beruhen, braucht eine solide Grundlage, damit es zu einer entsprechenden Willensentscheidung kommen kann.
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