Wie kann Gott den Menschen nach ihrem Tod für seinen freien Willen “bestrafen”, wenn er den ihnen doch geschenkt hat?
Danke für diese Fragen, die nicht nur gut, sondern auch ernst zu nehmend sind. Fangen wir daher vorne an. Die Frage wäre hier: Wer bestraft hier wen? Bestraft wirklich Gott den Menschen? In 1. Timotheus 2,4 lesen wir, dass Gott will, dass alle Menschen gerettet werden. Es wäre also nicht korrekt zu sagen, dass Gott eingeschnappt ist und am Jüngsten Tag sagen wird: „Du wolltest mich nicht – nun will ich Dich auch nicht!“
Nein, Gott ist aus christlicher Sicht nicht als „der Strafende” zu sehen, das sehen wir u.a. daran, wenn Jesus sagt: „Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, um sie zu verurteilen, sondern um sie durch ihn zu retten.“ Nein, im Kontext Ihrer Frage ist Gott vielmehr als „Wunscherfüller” zu begreifen: Er akzeptiert die Entscheidung jedes Einzelnen, gibt jedem das, was er will. In der Hölle gibt es nur Freiwillige. Das hat ja schon C.S. Lewis, der berühmte irische Schriftsteller, einst ganz richtig geschrieben:
Am Ende werden nur zwei Gruppen von Menschen vor Gott stehen – jene, die zu Gott sagen: „Dein Wille geschehe“, und jene, zu denen Gott sagt: „Dein Wille geschehe“. Alle, die in der Hölle sind, haben sie sich erwählt.
Menschen kommen in den Himmel, weil sie die liebevolle Beziehung zu Gott weiterführen möchten (= Himmel). Menschen kommen in die Hölle, weil sie zu Gott sagen: “Bleib mir vom Leib! Ich will nicht, dass jemand mir vorschreibt, wie ich mein Leben führen soll.” (vgl. das Beispiel vom verlorenen Sohn). In die Hölle kommt daher nur, wer mit Gott nichts zu tun haben will. Das christliche Jenseits ist sozusagen das “gerechteste” Jenseits, das wir uns vorstellen können, denn Gott gibt jedem das, was er will. Wenn ich für immer mit Gott leben will, wird das geschehen. Wenn jemand sein eigenes Leben leben und Gott los sein will, dann wird das so geschehen – genau das meint ja “Hölle”: Ein Leben in Ewigkeit ohne Gott.
Nun kann man ja denken: “Na gut, ich lebe jetzt ja auch bereits ohne Gott – falls es eine Ewigkeit gibt, dann wird sie kaum anders werden, als mein bisheriges “gottloses” Leben. Aus christlicher Sicht ist aber nun aber so, dass wir in dieser Welt nur in sehr begrenztem Maße Gottesferne leben. Im Neuen Testament lesen wir etwa: “Gott lässt die Sonne über jeden aufgehen, Gerechten wie auch Ungerechten.” Aus christlicher Perspektive profitieren also auch die, die ihr Leben ohne einen persönlichen Bezug auf Gott leben, von Gott. Das ist ja auch nur gerecht. “Hölle” meint dann aber im wahrsten Sinne des Wortes einen gottlosen Zustand, über dessen konkrete Form zwar diskutiert wird, aber nichtsdestotrotz durch die vollkommene Abwesenheit Gottes gekennzeichnet ist.
„Moment“, sagen Sie nun vielleicht. „Der Mensch hat grundsätzlich die Freiheit, zu tun und zu wählen, was er möchte. Wenn ein Mensch sich entscheidet, den Atheismus für überzeugend oder stimmig zu halten oder gar für wahr und richtig, dann ist das ein plausibler Grund.“ Und ich stimme zu: Wer nach einer gewissenhaften und ernsthaften Prüfung der Argumente für und gegen Gott zum Ergebnis kommt, dass das mit Gott nicht stimmen kann, der hat durch seine kritische Beschäftigung mit diesen Argumenten seiner Weltsicht eine sehr solide Basis gegeben.
Wohin solch eine kritische Auseinandersetzung aber auch führen kann, zeigt etwa das Beispiel von Antony Flew, der Mitte des 20 Jhd. und dort Jahrzehnte lang einer der prominentesten und einflussreichsten Atheisten weltweit war. Flew gehörte zu den vehementesten Vertreter einer darwinistischen materialistischen Philosophie, die Gottes Existenz ablehnt und ebnete u.a. Leuten wie Richard Dawkins den Weg. In seinen Büchern vertrat er die These, man müsse Atheist sein, solange man keine hinreichenden Beweise für die Existenz eines Gottes habe. Seine Konversion zum Deismus, die sich um 2005 vollzog, erregte dementsprechend großes Aufsehen und ebenso sein Buch: „There Is a God: How the World’s Most Notorious Atheist Changed His Mind“. (vgl. auch den Blogbeitrag „Warum ich kein Atheist mehr bin – Die Geschichte dreier Männer“)
Natürlich wäre es töricht, sein (atheistisches) Weltbild gleich über Bord zu schmeißen, “nur” weil ein Antony Flew das auch getan hat. Nein, das wäre naiv. Aber Lebenswandlungen gerade solcher Menschen, die sich intensiv und intellektuell auf allerhöchsten Niveau mit dem Thema befasst haben, können zumindest Gedankenanstöße sein. Und wenn es nur über die Frage ist, ob man wirklich alle relevanten Aspekte bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt hat. Deshalb denke ich, dass gerade solche Persönlichkeiten wie Antony Flew ernst genommen werden sollten.
Und natürlich wäre es auch wieder einseitig, sich nur Leute anschauen, die vom Atheismus zum Deismus oder zum Theismus wechselten. Nein, wer sich wirklich mit der Gottesfrage auseinandersetzen möchte, muss natürlich auch die berücksichtigen, bei denen es andersherum lief und denen man zutraut, dass sie wirklich kompetent und glaubwürdig sind. Wie es meiner Ansicht etwa bei Antony Flew der Fall ist.
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