1) Wenn es eine Gott gäbe, so die Annahme , wieso ist das heutige Leben mit so viel Ungerechtigkeiten verbunden , nicht nur bezüglich materialistischer Dinge, sondern auch bezüglich des Themas Tod. Es sterben Kinder im Alter von 1-2 Jahren, oder gar bei der Geburt, ohne die Chance gehabt zu haben, einen Charakter oder ein Bewusstsein zu entwickeln. Wie werden solche frühen Tode entschädigt? Gelangen diese Kinder in ein Paradies? Welches sie aufgrund eines fehlenden Bewusstseins so oder so nicht begreifen können.
2) Ist der Glaube nicht einfach nur aus Angst vor dem Tod und seiner Endgültigkeit entstanden?
3) Nehmen wir an , es gäbe kein Paradies und das menschliche Leben wäre tatsächlich nur auf das Leben im Diesseits beschränkt. Welchen Sinn kann eigentlich ein barmherziger Gott damit nur verfolgen?
4) Meiner Meinung nach ist der Glaube an Gott egoistisch, da jeder Gläubige wohl wissen tut , dass er für seinen Glauben durch Gott belohnt wird , sprich, sich einen Platz im begehrten Paradies verschaffen kann. Aber Egoismus sollte meiner Meinung nach nicht belohnt werden.
5) Folgender Denkansatz widerlegt die Allmächtigkeit Gottes: Stellen sie einem allmächtigen Gott folgende Aufgabe : Er soll einen Stein erschaffen, den er selbst nicht heben kann. Gelingt ihm dies, so kann er aber den Stein nicht heben, da er ihn ja so erschaffen hat. Wenn er den Stein aber nicht heben kann, dann ist dieser Gott unmöglich allmächtig.
Danke für diese guten Fragen, die ich einmal in chronologischer Reihenfolge beantworten möchte. Ihre erste Frage bezieht sich ja auf die Frage, wie Gottes Existenz mit dem vielen Leid und den vielen Ungerechtigkeiten in der Welt zu vereinbaren ist. Meine Gegenfrage hierzu wäre zunächst einmal: Warum gehen wir eigentlich davon aus, dass Leben auf der Erde leidlos sein sollte? Die Frage impliziert ja, dass leidvolle Situationen eigentlich gar nicht zum Leben dazugehören (sollten). Das wäre natürlich auch aus meiner Sicht sehr reizvoll, aber wer hat uns das je versprochen? „Na Gott,“ erwidern Sie nun vielleicht, „Gott hat es versprochen. Vielleicht nicht direkt, aber zumindest könnte man vom „lieben Gott“ ja erwarten, dass er sich um seine Geschöpfe kümmert und darauf achtet, dass ihnen nichts Schlimmes passiert.“
So sehr ich diesen Einwand auch verstehe, wäre es aber gelogen zu sagen, dass Gott uns zugesagt hat, dass das Leben leidfrei sein wird. Wir hätten das sicherlich gerne, mir geht es da nicht anders. Aber zumindest ich habe niemals ein Schreiben gesehen, indem mir (weder von Gott noch sonst wem anders) ein schmerzfreies Leben zugesichert wurde. Christen sagen ja: Der Hautzweck des Lebens ist nicht Glück, was sich z.B. in einem leidfreien Leben manifestiert, sondern die Erkenntnis von Gott. C.S. Lewis, der berühmte irische Schriftsteller und Cambridge-Professor der Literatur, drückt das wie folgt aus:
„Das Problem, menschliches Leiden mit der Existenz eines liebenden Gottes in Einklang zu bringen, ist nur solange unlösbar, als wir dem Wort «Liebe» eine triviale Bedeutung verbinden und die Welt so ansehen, als sei der Mensch ihr Mittelpunkt. Der Mensch ist nicht der Mittelpunkt. Gott existiert nicht um des Menschen willen.“
Das liebliche Bild, dass wir in Gott eine Art Großvater haben, der froh ist, seine lieben Kinderchen verwöhnen zu können und sonst gar nicht wüsste, wozu er sonst eigentlich da ist – das Bild vom netten Mann, der teilnahmslos auf einer Wolke thronend hin und wieder sein Füllhorn ausschüttet, das stimmt nicht. Das Problem ist meiner Ansicht nach also gar nicht mal die Existenz Gottes selbst, sondern unser zumeist zu simpel und einfach gestricktes Gottesbild.Damit ist die Diskussion um „Gott & Leid“ freilich noch nicht abgeschlossen, aber trotzdem halte ich diese Gedanken für einen ernst gemeinten Denkvorschlag zum Thema.
In Ihrer zweiten Frage haken Sie völlig berechtigt nach, ob Glaube nicht einfach nur aus Angst vor dem Tod und seiner Endgültigkeit entstanden? Ich würde sagen: Ja, wenn das mit Gott nicht stimmt. Und nein, wenn das mit Gott stimmt. Sie sehen sicherlich meine Bauchschmerzen mit Ihrer Frage: Ihr Einwand erklärt ja nur, warum Menschen an Gott glauben, wenn es ihn nicht gibt. Er beantwortet aber nicht die – viel grundlegendere und wichtigere – Frage, ob es ihn denn gibt. Sie setzen voraus, dass Gott nicht existiert. Und verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Diese These aufzustellen, ist ja auch Ihr gutes Recht. Das ist dann aber kein wirkliches Argument gegen Gott, sondern nur eine Grund- bzw. Vorannahme, die man für sich selbst getroffen hat.
Auch das kann man natürlich machen – also für sich den Entschluss fassen, dass es Gott nicht gibt und auf dieser Vorannahme nun alle seine weiteren Gedanken aufbauen. Es dürfte aber klar auf der Hand liegen, dass diese grundlegende Annahme nichts Weiteres ist als eine persönliche Entscheidung – sozusagen eine philosophische Prämisse, die man für sich getroffen hat. Die kann nun richtig, möglicherweise aber auch falsch sein.
Ihre dritte Frage „Nehmen wir an, es gäbe kein Paradies und das menschliche Leben wäre tatsächlich nur auf das Leben im Diesseits beschränkt. Welchen Sinn kann eigentlich ein barmherziger Gott damit nur verfolgen?“ verstehe ich ehrlich gesagt nicht genau. Hier müssten Sie mir bitte noch einmal auf die Sprünge helfen, danke schon einmal.
Mit Ihrer vierten Frage kann ich freilich mehr anfangen, hier sagen Sie: „Meiner Meinung nach ist der Glaube an Gott egoistisch, da jeder Gläubige wohl wissen tut, dass er für seinen Glauben durch Gott belohnt wird, sprich, sich einen Platz im begehrten Paradies verschaffen kann. Aber Egoismus sollte meiner Meinung nach nicht belohnt werden.“
Ich stimme Ihnen zunächst einmal zu: Egoismus darf nicht belohnt werden; ich bin sogar davon überzeugt, dass egozentriertes Denken die Wurzel allen Übels in der Welt ist. Warum werden Konflikte, die kleinen wie die großen, ausgetragen? Es geht eigentlich immer um die eigenen Interessen, um das eigene Ich also. Die Ich-Zentriertheit ist das, was unsere Welt kaputt macht, egal in welchem Bereich. Also: Bitte aufhören damit!
Aber zurück zu Ihrem Einwand. Der egoistische Gedanke, einen Platz im Himmel zu ergattern, war zumindest nicht mein Gedanke, als ich vor einigen Jahren anfing, mich mit dem christlichen Glauben zu beschäftigen. Meine Frage war nicht: „Wie komme ich in den Himmel?“, sondern vielmehr „Stimmt das, was Christen glauben?“ Meine erste Frage war also die Wahrheitsfrage. Denn was bringt es schon, eine zutiefst naive Lüge zu leben: Also einfach mal für sich beschließen, dass es Gott nun gibt und damit auch einen Himmel und dass man, da man ja nun an Gottes Existenz glaubt, auch dorthin kommt. Nein, das ist töricht. Und mir persönlich ist mein Leben viel zu kostbar und zu wertvoll, als ich es auf einer Unsicherheit bzw. Lüge aufbauen möchte.
Sicherlich, viele fragen heutzutage: „Was bringt mir der Glaube?“ Und so gut ich diese Frage auch verstehen kann, sie klärt ja nicht die viel grundlegendere und wichtigere Frage, ob es Gott überhaupt gibt. Denn Glaube kann ja nur dann etwas bringen, wenn er stimmt. Wenn es Gott wirklich gibt. Ansonsten ist er ein frommes Märchen, eine schöne Lüge. An dieser Stelle ist sogar das Neue Testament selbst zutiefst ehrlich, wenn wir lesen:
„Wenn Christus nicht auferstanden ist, ist es sinnlos, dass wir das Evangelium verkünden, und sinnlos, dass ihr daran glaubt. (…) Wenn Christus nicht auferstanden ist, ist euer Glaube eine Illusion.“ (1Kor 15, 14ff.)
Meine Suche begann folglich mit der Wahrheits-, nicht mit der Nutzenfrage. Und ich bin fest davon überzeugt, dass dies die richtige Chronologie ist. Um ehrlich zu sein, stellte sich mir die Nutzenfrage auch nie richtig. Im Verlauf meiner Suche nach subjektiven wie objektiven Argumenten für den Glauben stellte ich irgendwann fest, dass ich solch ein greifbares Bündel an guten Gründen in der Hand hielt, die mir die Glaubwürdigkeit der Person Jesu nahelegten, dass ich einen probeweisen Schritt des Vertrauens wagte und antestete, ob er wirklich merkbar die Tür aufmacht, wenn ich anklopfe (vgl. Lk 11,10). Die Nutzenfrage spielte hier keine Rolle.
Zu Ihrer fünften Frage, der Gott-Stein-Geschichte, hatte ich auf dem Blog schon einmal etwas geschrieben, ich führe es an dieser Stelle aber gerne wieder auf. Dieser Einwand hat ja einen grundlegenden Haken: Er missversteht in voller Breite das biblischen Verständnis von „Allmacht“. Natürlich spricht die Bibel davon, dass Gott allmächtig ist, aber im gleichen Atemzug spricht sie ja auch davon, dass Gott z.B. nicht in der Lage ist zu lügen. Oder auch nicht, sich selbst untreu zu sein. Im biblischen Sinne ist das kein Widerspruch, weil Allmacht hier nicht so gemeint ist, wie Sie es (miss)verstehen.
Wenn die Bibel sagt „Gott ist allmächtig“, meint sie ja: Gott ist allmächtig, da er in seinem Handeln keinen äußeren Zwängen unterworfen ist. Dass Gott z.B. nicht lügen kann, hat seine Ursache also nicht darin, dass er dem Diktat einer äußeren Macht untersteht, die ihn zur Wahrheit verpflichtet. Das einzige, was Gott zur Wahrheit verpflichtet, ist er selbst. Und kommen wir letztlich zum „Stein-Einwand“, hilft uns C. S. Lewis, wenn er sagt:
„Du darfst Ihm Wunder zuschreiben, aber nicht Widersinn. … Es bleibt wahr, dass alle Dinge bei Gott möglich sind; das innerlich Unmögliche [wie z.B. unser Stein] aber ist nicht ein Ding, sondern ein Nichts. Es ist für Gott genauso wenig möglich wie für das schwächste Seiner Geschöpfe, von zwei einander ausschließenden Alternativen beide zu verwirklichen; nicht weil Seine Macht behindert wäre, sondern weil Unsinn eben Unsinn bleibt, selbst wenn er von Gott handelt.“
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