„Historiker sind unter den Akademikern die Krebse. Sie schreiten rückwärts vorwärts.“ – so sagt man zumindest. Wenn sich besagte Historiker nun mit der historischen Zuverlässigkeit der Lebensbeschreibungen Jesu befassen, haben sie es zunächst mit einer sehr tiefgreifenden Frage zu tun: Sollte man annehmen, dass die Evangelien historisch zuverlässig sind, bis das Gegenteil gezeigt wurde? Oder sollen man davon ausgehen, dass sie historisch unzuverlässig sind, bis ihre Zuverlässigkeit gezeigt wurde? Sind die Lebensbeschreibungen Jesu also „historisch unschuldig“, bis ihre Schuld bewiesen wurde – oder „historisch schuldig“, bis ihre Unschuld aufgezeigt wurde?
Nun, es mag Sie vielleicht überraschen: In der gegenwärtigen Leben-Jesu-Forschung, der historischen Jesusforschung also, wird die Ansicht, dass es sich bei den Evangelien um historisch unzuverlässige Quellen handelt, kaum noch vertreten – so Jens Schröter, Professor für Exegese und Theologie des Neuen Testaments und neutestamentliche Apokryphen an der HU Berlin. Vielmehr wird die historische Integrität der Evangelien weitgehend anerkannt. Schröter schreibt in seinem Buch „Jesus von Nazaret“ (4. Aufl., 2012):
Historische Jesusforschung kann den christlichen Glauben niemals begründen oder gar seine Richtigkeit beweisen. Sie kann jedoch zeigen, dass dieser Glaube auf dem Wirken und Geschick einer Person gründet, die sich, wenn auch nicht in jedem Detail, so doch in wichtigen Facetten auch heute noch nachzeichnen lassen. Damit leistet sie für die Verantwortung des christlichen Glaubens in der modernen Welt einen substantiellen Beitrag.
Die Extremposition, dass es sich bei den Evangelien um Legendenbildung, Fiktion, Mythen oder Sagen handelt, wird heutzutage nicht mehr ernsthaft vertreten. Selbst Gerd Lüdemann, vielleicht der schärfste Kritiker der christlichen Botschaft dieser Zeit, geht von der Historizität der Lebensbeschreibungen Jesu aus. Gerd Theißen, Professor Emeritus für Neutestamentliche Theologie, schreibt in seinem Standardwerk „Der historische Jesus – Ein Lehrbuch“ (4. Aufl. 2011):
Das Matthäusevangelium ist durch frühe Papyri (ab ca. 200) und Zitate bei Kirchenvätern (seit der Mitte des 2. Jh.) hervorragend bezeugt. Die Integrität des auf Griechisch verfassten Textes steht nicht in Frage. …
Das Johannesevangelium ist durch mehrere frühe Papyri von der 1. Hälfte des 2. Jh. an sehr gut bezeugt. Abgesehen von der eindeutig sekundären Perikope 7,53-8,11 ist der Text nach dem handschriftlichen Befund nie anders als in der vorliegenden Fassung kursiert.
Bei den Evangelien nach Markus und Lukas sieht es nicht anders aus. Und Theißens Analyse ist keinesfalls die einzige ihrer Art. Weitere hochkarätige Fachliteratur unterstreicht die historische Glaubwürdigkeit der Evangelien (vgl. R. Bauchkams „Jesus and the Eyewitnesses“ , C. Blombergs „Die historische Zuverlässigkeit der Evangelien“ oder auch F.F. Bruces „Die Glaubwürdigkeit der Schriften des Neuen Testaments“). Holger Strutwolf, Universitätsprofessor und Direktor des Instituts für neutestamentliche Textforschung in Münster, sagt:
Als Textkritiker ist zu sagen, dass die handschriftliche Überlieferung des neutestamentlichen Textes sehr treu und im Wesentlichen zuverlässig erfolgt ist, so dass man mit großer Zuversicht sagen kann, dass von textkritischer Seite keine Bedenken bestehen, dass der Text willentlich und grundsätzlich von späteren Tradenten verfälscht worden sein könnte.
Das alles erfährt jeder Geschichtsstudent übrigens in den ersten Semestern im Modul „Antike“ und „Vormoderne“. Vor diesem Hintergrund ist es wenig haltbar, die Existenz Jesu in Frage zu stellen. Es kann daher auch keine Rede davon sein, dass es uns an außerbiblischen Quellen zu Jesus und zum frühen Christentum mangelt. Ich nenne nur einmal ein paar von ihnen: Cornelius Tacitucs, Flavius Josephus, Justin der Märyter, Lucian Mara Bar-Serapion, Plinius Secundus, Sueton, Tertullian, Thallus sowie die jüdischen Talmud-Schriften.
Wir sehen: Der einzige Ort, an dem die Lebensbeschreibungen Jesu noch als Legenden oder Mythen bezeichnet werden, ist der Bereich des Sensationsjournalismus oder der populären Literatur. Dan Browns Erfolgsroman „Sakrileg“ ist hier möglicherweise das bekannteste Beispiel. Nein, wer die Seiten des Neuen Testaments liest, wird sicherlich rasch erkennen, dass die Autoren aufrichtig an die Wahrheit dessen glaubten, was sie auch verkündeten. Und das ist wie gesagt nicht nur meine persönliche Ansicht, sondern – viel wichtiger – der allgemeine Standpunkt gegenwärtiger neutestamentlicher Geschichtsforschung.
Wenn Theißen die insgesamt fünf Phasen der Leben-Jesu-Forschung auflistet, wird schnell klar, dass die Zeiten, in denen man die Evangelien als mythenhafte Legenden abstempelte, längst vorbei sind – im 18./19. Jahrhundert gingen Leute wie Lessing, Herder und Strauß noch davon aus, dass die Berichte über Jesus im Laufe der Jahrhunderte ihrer Überlieferung bis zur Unkenntlichkeit verfälscht, aufgebauscht und mythologisiert wurden. Diese Annahmen sind mit dem heutigen Stand historischer Forschung, der so genannten „Third-Quest“-Phase, allerdings nicht mehr vereinbar.
Die Frage, dass die Evangelien von der geschichtswissenschaftlichen Forschung nicht (mehr) als mythenhafte Legenden angesehen werden, ist zwar spannend, noch wichtiger ist vielleicht aber die Frage nach dem Warum. Warum geht die neutestamentliche Geschichtsforschung eigentlich davon aus, dass es sich bei den Evangelien um keine Legendenbildung handelt? Ich nenne im Folgenden einmal drei Gründe hierzu.
1. Die Evangelien entstanden viel zu früh, um Legenden zu sein
Das Hauptproblem der Annahme, die Evangelien würden Fiktionen oder Legenden darstellen, ist, dass die Zeit zwischen dem Tod Jesu und der Abfassung der Evangelien viel zu kurz ist, als dass es zu einer Legendenbildung hätte kommen können. Die Evangelien, die wir im Neuen Testament vorliegen haben, wurden spätestens 40 bis 60 Jahre nach Jesu Kreuzigung geschrieben – da sind sich praktisch alle Historiker der Gegenwart einig, die Gläubigen wie auch die, die mit Glauben nicht viel anfangen können.
Richard Bauckham, Professor für neutestamentliche Forschung, zeigt in seinem einflussreichen Buch „Jesus and the Eyewitnesses“, das zur Zeit der Abfassung der Evangelien noch zahlreiche und zudem bekannte Augenzeugen lebten, die anwesend waren, als Jesus lehrte und wirkte. Bauckham weist nach, wie die Autoren in ihren Texten die Augenzeugen als Quellen anführen, um ihren Leser die Überprüfung ihrer Informationen zu ermöglichen. Darüber hinaus lebten, wie Bauckham herausstellt, auch noch Tausende von anderen Menschen in Jerusalem: unbeteiligte Zuschauer etwa, Gegner Jesu, Vertreter der Obrigkeit etc. Und diese hätten sich sofort zu Wort gemeldet, wenn Geschichten über Jesus kursiert wären, die nicht der Wirklichkeit entsprachen.
Wenn sich aber ein verfälschter, fiktiver Bericht über vermeintliche Ereignisse in den Köpfen der Leser festsetzen soll, hätten zunächst einmal die unzähligen Augenzeugen längst tot sein müssen. Sie hätten eben aus dem Grund von der Bildfläche verschwunden sein müssen, damit sie nicht gegen Verfälschungen jeglicher Art hätten protestieren können. Aber: Die Evangelien entstanden nun einmal viel zu früh, um Legenden zu sein. Dafür hätte es weit mehr Generationen benötigt. Timothy Keller schreibt:
Die Menschen von Jerusalem waren dabei gewesen; sie hatten mit in der Menge gestanden, die Jesus zugehört und erlebt hatte. Die Texte des Neuen Testaments konnten [zum Beispiel] die Kreuzigung Jesu nicht erfinden, wenn es Tausende noch lebende Augenzeugen gab, die genau wussten, ob er gekreuzigt worden war oder nicht.
Wenn die Erscheinungen des Auferstandenen, das leere Grab und das, was Jesus über sich selbst gesagt hatte – wenn dies alles nicht gestimmt hätte, es wäre nie etwas geworden aus dem Christentum; die Menschen hätten sich kaputtgelacht über das, was da in den Briefen und Evangelien behauptet wurde.
Das Eis, auf dem sich der Einwand der Legendenbildung befindet, wird sogar noch viel dünner, wenn wir hören, dass die Autoren der Evangelien Quellen verwendet haben sollen, die zeitlich sogar noch näher an den Ereignissen Jesu Leben liegen. Rudolf Pesch, Professor für Neues Testament mit dem Hauptforschungsschwerpunkt auf dem Markus-Evangelium, konnte zeigen, dass die Erzählung von Jesu Leiden und Tod in diesem ältesten Evangelium ursprünglich wohl gar nicht selbst von Markus geschrieben wurde. Vielmehr verwendete Markus offenbar eine Quelle für diese Erzählung, die nach Pesch mindestens ins Jahr 37 n. Chr. zu zählen ist – sprich nur ganz wenige Jahre nach dem Tod Jesu. Das unterstreicht den Punkt, dass die Evangelien viel zu früh entstanden sind, um Legendenbildungen sein zu können.
2. Der Inhalt der Evangelien ist zur Legendenbildung ungeeignet
Viele erheben heutzutage ja den Einwand, dass die Evangelien von den Anführern der frühen Kirche so zusammengestellt und verfasst wurden, damit eigene machtpolitische Ziele und Zwecke vorangetrieben werden konnten. Ich kann diese Sorge ganz gut nachvollziehen und sehe gerade deshalb eine gesunde Skepsis gegenüber den Evangelientexen recht positiv entgegen. Im Gegensatz zu hart gesottener Skepsis prüft gesunde Skepsis aber die Lage – sie schaut sich an, ob die Annahmen, die gemacht wurden, mit den realen Bedingungen übereinstimmen. Im Folgenden möchte ich einige Punkte aufzeigen, die gegen die gerade vorgebrachten Bedenken sprechen.
Wenn es stimmen würde, dass die Evangelien für die Ziele und Zwecke der frühen Kirche instrumentalisiert worden wären, so müsste sich dort Passagen finden, in denen Jesus sich zu Themen der frühen Kirche äußerte – und dabei für die eine oder andere Seite Partei ergreift. Wir wissen etwa, dass hier eine der heftigsten Konfliktfragen jene war, ob sich Heiden, die zum Christentum übertraten, beschneiden lassen mussten oder eben nicht. Aber: Hierzu findet sich in den Evangelien an keiner Stelle etwas, Jesus äußert sich zum Thema der Beschneidung einfach nicht. Warum findet wir also keine Äußerungen von Jesus hierzu? Sie wären der frühen Kirche, gerade bei dieser zentralen Frage, mehr als nur nützlich gewesen. Die plausibelste Erklärung ist, dass es sich die Autoren der Evangelien eben nicht erlaubt haben, Jesus Worte in den Mund zu legen, die er nicht auch wirklich gesagt hatte
Und warum sollten die Führer der jungen christlichen Bewegung so ein Ereignis wie die Kreuzigung erfunden haben, wenn sie nicht tatsächlich stattgefunden hätte? Denn jeder Leser, gleich ob Grieche, Römer oder Jude, ging aufgrund seiner kulturellen Tradition davon aus, dass ein am Kreuze Gehängter ein Krimineller – und im jüdischen Kontext sogar jemand war, der persönlich von Gott verflucht wurde. Da konnten die Autoren sagen, was sie wollten. Warum sollte auch die Szene Jesu im Garten Gethsemane erfunden worden sein? Die Szene, in der Jesus Gott, den Vater weinend darum bittet, ihn aus seinem Auftrag zu entlassen. Oder denken Sie an die Passage in den Evangelien, wo Jesus am Kreuz hängt und schreit: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Leicht lassen sich die möglichen Konsequenzen dieser Berichterstattung ausmalen: Potentiell an Jesus interessierte Leute mussten sich wohl auf kurz oder lange Sicht die Frage stellen: War dieser Jesus ein Schwächling oder gar ein armseliger Versager?
Und warum schrieben die Autoren Frauen als erste Zeugen des leeren Grabes in den Auferstehungsbericht, obwohl sie doch ganz genau wussten, dass Frauen im jüdischen Kontext nicht gerichtsfähig waren. Die Aussage von Frauen über ein Ereignis machte das Ereignis vielmehr unglaubwürdig. Für jemanden, der eine Geschichte erfunden hatte, wäre es doch viel leichter und vor allem viel vorteilhafter gewesen, Männer anstatt Frauen als erste Zeugen aufzuführen. Warum stellten sich die Jünger Jesu – sprich die späteren Führer der christlichen Kirche – so denkbar schlecht in den Evangelien dar – nämlich eifersüchtig, kleingeistig, sehr schwer von Begriff und am Ende sogar als Feiglinge, die ihren Herrn Jesus schmählichst im Stich ließen? Und insbesondere Petrus, also gerade der wichtigste Vorsteher der jungen Gemeinde, kam mit seiner gleich dreifachen Verleugnung Jesu denkbar schlecht weg. Welchen Grund sollte die Urgemeinde haben, Petrus Selbstverfluchung und Meineid öffentlich bekannt zu machen? Nein, als Legendenbildung taugten diese Evangelieninhalte herzlich wenig.
3. Die literarische Dichte der Evangelien ist zu detailliert für Legenden
C.S. Lewis, der als Cambridge-Professor für Englische Literatur des Mittelalters und der Renaissance eine weltweite Koryphäe auf dem Gebiet der Literaturkritik war, schreibt in seiner Lektüre über die Evangelien:
Als Literaturhistoriker bin ich restlos davon überzeugt, daß die Evangelien keine Legenden sind – was immer sie auch sonst sein mögen. Ich habe sehr viele Legenden gelesen, und es ist für mich eindeutig, daß die Jesusgeschichten nicht in diese Gattung passen. Sie sind nicht kunstvoll genug, um Legenden zu sein. In der Darstellung ihrer Inhalte sind sie unbeholfen, sie arbeiten die Dinge nicht sauber heraus. Der größte Teil des Lebens Jesu bleibt uns genau so unbekannt wie das Leben irgendeines seiner Zeitgenossen. Kein Volk, das einen seiner Helden zum legendären Heiligen erheben wollte, würde so etwas zulassen. Auch kenne ich, außer einigen Teilen aus den platonischen Dialogen, in der Literatur des Altertums keinerlei Gespräche, wie sie etwa im Johannesevangelium vorkommen. Bis fast in unsere Zeit gab es sie einfach nicht. Erst vor etwa hundert Jahren, mit dem Aufkommen des realistischen Romans, fand das Gespräch Eingang in die Literatur.
Und noch ein anderer Aspekt: In der Geschichte von der Ehebrecherin wird uns erzählt, Jesus habe sich gebückt und mit dem Finger etwas in den Staub gekritzelt. Dieser Hinweis bringt nichts ein. Niemand hat je eine Lehre darauf gegründet. Aber solch kleine unbedeutende Details nur zu erfinden – das wäre ein ganz moderner Kunstgriff. Ist nicht die einzige Erklärung für diese Schilderung die, daß es sich wirklich so zugetragen hat? Der Schreiber erzählte es, einfach weil er es gesehen hatte.
Lewis möchte hier also sagen, dass in der Antike erzählende und fiktive Texte ganz anders waren als heutzutage. Unsere modernen Romane haben ein realistisches Flair, enthalten Dialoge und Detailschilderungen und lesen sich wie Augenzeugenberichte. Doch diese Gattung fiktionaler Texte entwickelte sich erst im 18. Jahrhundert – Romane und Legenden, die früheren Zeiten entstammen, waren in einer lyrischen und abgehobenen Sprache geschrieben, Detailschilderungen kamen (wenn überhaupt), nur dann vor, wenn sie die Handlung auch wirklich weiterbringen konnten. Lewis, als hoch renommierten Literaturkritiker fällt es daher vollkommen zu Recht auf, dass die Evangelien nicht als fiktive Literatur geschrieben sind. Ein paar Beispiele hierzu:
- Im Markus-Evangelium Kapitel 4, Vers 23 lesen wir etwa, dass Jesus im hinteren Teil eines Bootes auf einem Kissen schläft.
- In Johannes 21 erfahren wir, dass die Jünger, als sie von ihrem Boot aus Jesus am Ufer sahen, ca. 100 Meter vom Ufer entfernt waren, dass Petrus alleine ans Ufer geschwommen ist und dass die Jünger genau 153 Fische in ihrem Netz fanden.
- In Johannes 8 lesen wir von der Szene von der Ehebrecherin, die Lewis in seinem Zitat bereits erwähnt; Jesus mal hier mit dem Finger etwas in den Sand – was und warum, das erfahren wir nicht.
Wenn wir heute eine interessante Geschichte über Jesus schreiben würden, würden wir genau mit diesen detaillierten Mitteln versuchen, einen realistischen Kontext aufzubauen und damit den Realitätsgrad der Handlung zu erhöhen. Aber – und nun kommt der springende Punkt: Diese Art der fiktiven Erzählung war im 1. Jahrhundert absolut unbekannt. Wie gesagt, sie entwickelte sich erst im 18. Jahrhundert. Die plausibelste Erklärung, warum ein antiker Autor ein Kissen erwähnt, von exakt 153 Fischen schreibt, dass Jesus etwas auf die Erde schrieb usw., ist, dass es sich um Details handelt, die sich im Gedächtnis der Augenzeugen festgesetzt hatten.
Zum Abschluss: Die „kulturelle Unglaubwürdigkeit“der Bibel
Das alles waren nur mal einige Gründe dafür, warum die neutestamentliche Geschichtsforschung heute nicht mehr davon ausgeht, dass es sich bei den Evangelien um fiktive Legendenbildung handelt. Abschließend möchte ich noch kurz auf den Einwand eingehen, dass die Bibel ja auch „kulturell“ anstößig und damit abzulehnen ist. Möglicherweise haben auch Sie hier ein Lieblingsbeispiel im Kopf, mit denen Sie ihre christlichen Freunde immer mal wieder gerne konfrontieren. Und nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Ich will gar nicht sagen, dass Sie Ihren möglichen Diskussionskurs fallen lassen sollen. Nein, ich würde Sie sogar dazu ermutigen, bleiben Sie weiterhin hartnäckig. Wirklich gute Fragen verdienen auch wirklich gute Antworten, keine Frage! Und ich bin überzeugt: Die gibt es! Aber viele legen die Bibel ja zumeist reflexartig weg, sobald sie auf eine Stelle stoßen, die sie als anstößig empfinden – und sagen:
„Ich kann das nicht gut heißen und akzeptieren, was dort in der Bibel steht. Diese Ansicht ist mindestens altmodisch (wenn nicht sogar schlimmer) und passt nicht in die heutige Zeit.“
Möglicherweise haben Sie ja diesen Einwand – und der wird wahrscheinlich auch gut und nicht einfach so an den Haaren herbeigezogen sein. Aber meine Frage lautet dennoch: „Wollen Sie sagen, dass aufgrund der Bibelstelle, die Sie anstößig finden, der Kern des christlichen Glaubens nicht stimmen kann? Denken Sie wirklich, dass aufgrund anstößiger Bibelstellen (zumeist ja im Alten Testament) Jesus unmöglich von den Toten auferstanden sein kann? Ich hoffe, dass Sie solch einem logischen Fehlschluss nicht zum Opfer fallen. Wenn Sie meinen, dass alle Vorgaben, die zu alttestamentlichen Zeiten noch galten, auch noch nach Jesu Kreuzigung Gültigkeit haben, befinden Sie sich auf dem Holzweg.
Nein, der Wahrheitsgehalt des christlichen Glaubens steht und fällt nicht mit den durchaus kniffligen Bibelstellen, sondern einzig und allein mit der Person Jesus Christus. Wie gesagt: Die harten Fragen, die gibt es, kein Zweifel- auch ich habe da sicherlich noch so einige Fragezeichen offen. Und daher ist es auch vollkommen in Ordnung, wenn Sie so Ihre Sorgen mit manchen Bibelstellen haben, habe ich wie gesagt auch. Aber diese harten Stellen berühren eben nicht die Wahrheitsfrage des christlichen Glaubens – sie berühren nicht den Frage, ob es stimmt, was Christen behaupten.
Ich rufe Sie nun gar nicht zum einfachen Hinnehmen von schwierigen Bibelstellen auf, bitte verstehen Sie mich da nicht falsch. Stellen Sie diese harten Fragen einer Person, die Sie für genug vertrauenswürdig und kompetent halten, dass Sie die gute Antwort bekommen, die Sie verdienen. Aber vergessen Sie auch bitte nicht, dass solche Stellen auch nicht die Wahrheitsfrage des christlichen Glaubens berühren. Will sagen: Auch wenn Sie Ihre Probleme mit so manchen anstößigen Bibelpassagen haben, heißt das ja noch lange nicht, dass es falsch sein muss, dass Jesus nicht Gott ist, dass er von den Toten auferstanden und auch heute für Sie so erfahrbar ist – dass Sie eine seriöse Gewissheit bekommen können, dass er wirklich lebt. Und diese Erfahrung, die mein Leben verändert hat, wünsche ich Ihnen sehr, deshalb schreibe ich auch diesen Blog.
Und wenn Sie Fragen oder Anmerkungen haben, können Sie gerne einen Kommentar und/oder eine E-Mail schreiben.
Was ist, wenn Jesus zu Nikodemus sprach dreimal mit: Wahrlich, wahrlich ich sage dir … ? Der ist doch Gott selbst!
Lieber Karl-Heinz,
ich befürchte, ich stehe auf dem berühmten Schlauch… Bitte helfen Sie mir, was Sie meinten?
Herzliche Grüße
Stephan Lange