Ein Christ sagt: Nur durch Jesus kommst du in den Himmel. Sprich: Alle anderen kommen in die Hölle. Wenn man sich das jetzt mal ein wenig ausrechnet, kommen ungefähr 95% der Menschen in die Hölle. Ungefähr 30% der Weltbevölkerung sind Christen. Ein bibeltreuer Christ würde jetzt sagen: Ja, von diesen 30% meinen es ja nur sehr wenige ernst mit ihrem Glauben und sind nur Namenschristen. Aber selbst wenn es 30% sind, sind es immer noch 70%, die nicht an Jesus glauben. Jetzt kann man natürlich sagen: Ok, diejenigen, die noch nie etwas von Gott gehört haben, die wird Gott auch anders richten. Dann wiederrum finde ich, ist es besser nicht zu missionieren, weil sie dadurch dann wieder schärfer gerichtet werden, weil sie ja eine Wahl hatten. Ist ein wenig kompliziert, aber das ist mein Hauptargument nicht an den christlichen Gott zu glauben. Dann sind da natürlich noch die vielen Stellen in der Bibel, die für mich nicht wie historische Texte klingen, aber das ist nicht mein Hauptproblem.
Danke für diesen sehr verständlichen Einwand. Hier ein Antwortvorschlag: Als guter und liebender Gott will Gott ja, dass so viele Menschen wie nur möglich gerettet werden (vgl. 1Tim 2,4) und so wenig wie möglich verloren gehen (vgl. Joh 3,16). Aber: Bei der Frage der Errettung sind Gott nun einmal die Hände gebunden.
Gott hat uns mit einer absoluten Entscheidungsfreiheit ausgestattet und es ist nun einmal unmöglich, jemanden dazu zu bringen, etwas freiwillig zu tun. Gott weiß natürlich, wer sich letztendlich für ihn und gegen ihn entscheidet, einen direkten Einfluss auf diese Entscheidung hat er allerdings nicht.
Sein Ziel ist also, eine möglichst gute Verteilung zwischen diesen beiden Gruppen zu erreichen, um nicht mehr verlorene Menschen zu erschaffen als nötig, um die maximale Anzahl an erretteten Menschen zu erreichen.
Es ist also möglich, dass Gott viele Menschen erschaffen musste, die verloren gehen, um die maximale Anzahl an Menschen zu erretten. Es ist möglich, dass – aufgrund ihrer eigenen Entscheidungsfreiheit wohlgemerkt (!) – noch weniger Menschen in den Himmel kämen, wenn Gott eine Welt erschaffen hätte, in der weniger Menschen in die Hölle kommen.
„Moment“, sagen Sie nun vielleicht. „Ein Gott, der jeden liebt, erschafft doch keine Menschen, von denen er weiß, dass sie verloren gehen, die aber gerettet worden wären, wenn sie das Evangelium gehört hätten.“ Das ist eine guter Punkt, aber ehrlich gesagt und in aller Höflichkeit: Woher wissen wir, dass es solche Menschen gibt?
Es ist ja vernünftig anzunehmen, dass viele Menschen, die das Evangelium nie hören, es auch nicht geglaubt hätten, wenn sie es gehört hätten. Es ist doch durchaus möglich, dass Gott die Welt vorsorglich so geordnet hat, dass alle Menschen, die das Evangelium niemals hören, genau solche Menschen sind. Gott ist zu gut, als dass er zulassen könnte, dass jemand aufgrund eines historischen oder geographischen Zufalls verloren geht.
Ich bin mir natürlich im Klaren: Das sind alles nur mögliche Antworten. Aber solange sie möglich sind, besteht eben die Möglichkeit, dass eben kein Widerspruch zwischen Gottes Allmacht und Liebe auf der einen Seite und der Tatsache, dass Menschen verloren gehen, auf der anderen Seite besteht.
Und von allem losgelöst stelle sich darüber hinaus ja noch folgende Frage: Wie ist das mit der Hölle? Aber ist es leider nicht so leicht, wie Sie vielleicht denken. Sicher, es gibt die “ewige Hölle” im christlichen Glauben. Allerdings sind sich Christen (bis heute) nicht darüber einig, wie diese konkret zu verstehen ist. Es gibt auf der einen Seite das – uns allseits bekannte – Verständnis der Hölle als ein Ort, an dem ewige psychische und/oder physische Qualen herrschen.
Aber wie gesagt: Wenn man die Bibel ernst nimmt, ist das nicht beileibe nicht das einzige biblisch gut begründbare Höllenverständnis. Selbst ein John Stott, immerhin einer der einflussreichsten Theologen des letzten Jahrhunderts, ist fest davon überzeugt, dass die, die nach ihrem Tod nicht in den Himmel kommen, ausgelöscht werden – diese Auslöschung (= Annihilation) sei für sie die “ewige Hölle”. Und wie gesagt: Auch diese Meinung ist biblisch sehr gut begründbar. Da gibt es auch nicht wenige Fürsprecher.
Ich würde daher jedem stark davon abraten, sich auf ein Höllenverständnis festzulegen und zu sagen: „So ist es“. So einfach macht es uns die Bibel (leider?) nicht. Denn wie gesagt: Es ist biblisch nicht eindeutig definiert, wie die Hölle konkret zu begreifen ist: Es könnte ein Ort sein, an dem psychische und/oder physische Qualen sind. Das ist gut möglich. Es könnte aber auch genauso gut die Auslöschung aller „Gottlosen“ meinen. Auch das ist sehr gut möglich.
Vor diesem Hintergrund fällt es schwer, vollständig zu beantworten. Denn wenn Leute wie Stott & Co. Recht behalten, dann ist es ganz nachvollziehbar, dass Menschen, die ihre Ewigkeit nicht mit Gott verbringen, keine zweite Chance bekommen – wer ausgelöscht ist, kann sich eben schlecht bewähren. Und Gott bei einer Thematik Ungerechtigkeit vorzuwerfen, wo möglicherweise gar keine Ungerechtigkeit besteht, ist natürlich bedenklich.
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